Jeder dritte Saarländer ist in einem Sportverein - ein bundesweiter Rekord. Doch immer mehr Vereine haben Nachwuchssorgen. Vor allem Nachfolger für die Vorstandsarbeit sind oftmals schwer zu finden. Insgesamt rund 350.000 Menschen sind Mitglied in einem der gut 2000 Sportvereine im Saarland. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind das bundesweite Rekorde.
„Mord am Sport“ hieß es zugespitzt in der SR-Sendung SAARTHEMA, die am 02. März 2023 im dritten Fernsehen ausgestrahlt wurde. SR-Redakteur Stefan Hauch hat sich im sportlichen Saarland umgeschaut und beleuchtet in seinem Beitrag die Ursachen und Konsequenzen. Im Interview mit Roman Bonnaire erläuterten Sportminister Reinhold Jost und LSVS-Präsident Heinz König ihre Sicht auf die Dinge und ihre Vorstellungen, wie man dem Vereinssterben entgegensteuern kann.
Die Realität der Vereinslandschaft
Immer mehr Vereine plagen Zukunftssorgen. Immer mehr Menschen sind nicht bereit, sich dauerhaft an einen Verein zu binden und Verantwortung beispielsweise im Vorstand zu übernehmen. In diesen Fällen droht die Vereinsauflösung. So geschehen dem früheren Ringerverein AC-Elm-Ensdorf und der Radsportgemeinschaft Ford-Saarlouis. Das Vereinsaus abwenden konnten hingegen erfolgreich der TV Ottweiler und der SV Kohlhof. In beiden Vereinen hat ein junges Team mutig und offenherzig die Zügel übernommen und den Verein wieder in sichere Fahrwasser gelenkt. Dabei können die Vorstands-Youngsters auf den Rat und die Erfahrungen ihrer älteren Vorgänger zurückgreifen. Anita Girst, die frühere Präsidentin von Saar 05 Saarbrücken und noch immer leidenschaftliche Kämpferin für das Ehrenamt sagt: „Man muss den Menschen Mut machen, ein Ehrenamt zu übernehmen. Das ist wichtig. Wenn man sich traut, ein Ehrenamt zu übernehmen, erlebt man Erfüllung und Glück.“
Vereine, wie der 1. FC Saarbrücken Tischtennis können auf ehrenamtlich engagierte Mitglieder zählen, die offiziell kein Amt im Verein bekleiden, sich aber aus Freude an ihrer Sportart dem Verein verbunden fühlen und mitanpacken. So kann der Saarbrücker Verein bei seinen Bundesliga-Heimspielen auf ein eingeschworenes Team an Aufbauhelfern vertrauen. Der Verein dankt es mit der Organisation von Fanbussen zu Auswärtsspielen oder mit Vereinsfeiern.
Die Spielregeln kennen
Rechtsanwalt und Justiziar des LSVS Patrick A. Nessler mahnt in dem Beitrag: „Die Finanzen sind das A und O des Vereins. Als Vereinsvorstand arbeitet man mit dem Geld des Vereins. Es ist ganz wichtig, sich mit den Finanzen seines Vereins auszukennen und die Spielregeln zu kennen.“ Es sei ein historisches Vorurteil, dass, wer sich in den Vorstand wählen lässt, mit einem Bein im Gefängnis stehe. Seit 2009 gäbe es eine Haftungseinschränkung für ehrenamtlich tätige Vorstände, seit 2013 für jedes ehrenamtlich tätige Mitglied. Amtsträger würden nur dann haften, wenn sie grob fahrlässig dem Verein Schaden zugeführt hätten. „Man muss sich über sein Amt informieren. Was gehört zu den Aufgaben? Viele gehen blauäugig ins Amt“, so der Anwalt.
Im Tandem für die Vereine engagiert: LSVS und Landesregierung
LSVS-Präsident Heinz König sieht in der Veränderung der Rahmenbedingungen eine große Herausforderung für die Vereine: „Früher war der Verein eine Gruppierung, in der man sich zum Sporttreiben und zum Feiern getroffen hat. Heute ist der Verein weit mehr. Es geht um Management, Steuern und Recht, Inklusion und Integration. Ihm werden viele gesellschaftliche Aufgaben auferlegt, die viel Zeit erfordern.“ Sportminister Reinhold Jost lobte in diesem Zusammenhang das Engagement des LSVS, mit dem Kompetenzzentrum Ehrenamt die Vereine zu unterstützen: „Indem wir informieren, können wir Ängste nehmen. Wir können einen zusätzlichen Benefit geben, in dem wir wieder eine Bezuschussung der Übungsleiter-Ausbildung auf den Weg bringen.“ Dennoch sieht LSVS-Präsident König trotz aller Bemühungen im Bereich der Beratung und Ausbildung von Ehrenamtlichen ein Problem, die Vereinsvielfalt in Zukunft halten und ausbauen zu können: „Wenn wir uns nicht mit den Themen Solidarität und Gemeinsinn befassen, können wir das Problem auch nicht monetär lösen.“ Jost ergänzt: „Wir müssen den Menschen klarmachen, dass ihr Engagement Mehrwert schafft für andere Menschen.“ Amtsträger, die bisher den Verein gelenkt hätten, müssten aber auch in der Lage sein, loszulassen und gleichzeitig die Neuen unterstützen. Die vom LSVS für seine Mitglieder bei der ARAG abgeschlossene D&O-Versicherung sei eine gute Absicherung der Vereinsvorstände. Für LSVS-Präsident Heinz König sind zusätzliche Leistungen zur Unterstützung der Vereine von Nöten: „Viele Vereine sind heute schon ein Sportbetrieb und bezahlen Steuerberater und Rechtsanwälte. Das ist eine Umkehr der Umstände. Trainer und Externe bekommen Geld für ihre Leistung, der geschäftsführende Vorstand aber nicht. Wir müssen ehrenamtliches Engagement mit zusätzlichen Leistungen belohnen.“
SR-Moderator Roman Bonnaire fasst abschließend die Botschaft des Beitrages zusammen: „Es ist nicht mehr so risikoreich, sich ehrenamtlich zu engagieren. Es braucht Mut und Gemeinsinn, um das Ganze hinzubekommen.“