Immer mehr Kooperationen von Vereinen und Schulen

Sportentwicklungsbericht: 13.000 Vereine sorgen sich um Sportstätten

 

Mehr Kooperationen mit Schulen sowie umfangreiche Programme zur Gesundheitsförderung und Prävention: Die 91.080 Sportvereine unter dem Dach des DOSB bleiben mit großem Abstand die Sportanbieter Nr. 1 in Deutschland und gestalten die gesellschaftlichen Herausforderungen aktiv mit. So kooperieren 16.200 Vereine mit Schulen (entspricht 17,8 Prozent). Fast ein Drittel der Vereine (31,4 Prozent) bietet Programme zur Gesundheitsförderung und Prävention an.

Diese Zahlen finden sich im neuen Sportentwicklungsbericht, der von Prof. Dr. Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln vorgelegt worden ist. Breuer stellte ihn am heutigen Dienstag (16. Juli) bei der 59. Sitzung des Präsidiums des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vor. Auf 906 Seiten beschreibt der Wissenschaftler darin die gesellschaftspolitische Bedeutung der Sportvereine.

Breuer hat dafür zusammen mit seinem Team die Situation der Sportvereine in Deutschland analysiert. Auftraggeber der Studie, die nun zum vierten Mal durchgeführt wurde, sind das Bundesinstitut für Sportwissenschaft, der DOSB und die Landessportbünde. Die Daten des Sportentwicklungsberichts 2011/2012 wurden mithilfe einer Online-Befragung im Herbst 2011 von Sportvereinen in Deutschland gewonnen, an der sich 21.998 Sportvereine beteiligt haben.

Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass immer mehr Vereine auf den Ausbau von Ganztagsschulen und dem achtjährigen Gymnasium reagieren und Kooperationen mit den Bildungseinrichtungen suchen. Waren es 2009/10 noch 12,4 Prozent der Vereine (11.271), die mit Schulen kooperierten, sind es mittlerweile 17,8 Prozent (16.224 Vereine).

„Die Sportvereine mit über 27,8 Millionen Mitgliedschaften stehen für ein vielfältiges gesellschaftspolitisches Leistungsspektrum. Der Sportentwicklungsbericht hat diesen Mehrwert des Politikfeldes Sport und der Vereine eindrucksvoll analysiert und belegt: der Sportverein erbringt eine Vielzahl unverzichtbarer Leistungen für die Gesellschaft. Oder anders ausgedrückt: Sportvereine fördern den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, erklärte DOSB-Präsident Thomas Bach in Frankfurt/Main.  

Walter Schneeloch, DOSB-Vizepräsident Breitensport/Sportentwicklung, sagte: „Sportvereine sorgen für ein breites und vielfältiges Sportangebot. Sport in der Gemeinschaft ist und bleibt die Kernkompetenz unserer Vereine. Rund 8,8 Millionen Menschen engagieren sich in ihnen freiwillig und stellen als Vorstände, Übungsleiter oder Trainerinnen ein breites Angebotsspektrum sicher.“

Die Studie unterstreicht auch die volkswirtschaftliche Dimension der Sportvereine. So wenden die 0,75 Mio. ehrenamtlich Engagierten in Vorstandspositionen jährlich 150 Millionen Arbeitsstunden auf, was einer jährlichen Wertschöpfung von 2,25 Milliarden Euro entspricht, wobei die freiwilligen Helferinnen und Helfer noch nicht mit eingerechnet sind.

Die Angebote der Sportvereine sind ebenso vielfältig wie preiswert. So sind Sportvereine Garanten für finanziell erschwingliche Sportangebote für die ganze Bevölkerung. Die Hälfte aller Sportvereine verlangt einen monatlichen Mitgliedsbeitrag für Kinder von maximal 2,50 Euro für Jugendliche von maximal 3,00 Euro für Erwachsene von maximal 6,00 Euro. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sowie der derzeitigen schwierigen finanziellen Lage für manche Haushalte bieten rund 70 Prozent der Sportvereine ermäßigte Beträge, beispielsweise für Senioren oder Familien, an.

Die Breuer-Studie analysierte auch den starken gesellschaftspolitischen Veränderungsdruck, den die Vereine ausgesetzt sind. Obwohl sich Vereine anpassungsfähig zeigen, wenn es um die Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen geht und beispielsweise im schulpolitischen Bereich fast 18 Prozent der Vereine mit einer Ganztagsschule kooperiert, dürfen Probleme und Herausforderungen der Vereinsentwicklung nicht übersehen werden. So hat in den letzten Jahren der wahrgenommene Problemdruck im Bereich der Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichen Funktionsträgern wie beispielsweise von Trainern und Übungsleitern sowie von Schieds- bzw. Kampfrichtern zugenommen. Auch die zeitlichen Auswirkungen von achtjährigem Gymnasium und Ganztagsschulen auf den Trainingsbetrieb stellen mittlerweile rund 4000 Vereine vor zentrale Probleme.

Zu den Problemen gehört auch die Sportstättensituation. Bundesweit geben rund 17 Prozent der Vereine an, dass die zeitliche Verfügbarkeit der Sportstätten ein großes oder sehr großes Problem für sie darstellt. Der Zustand der genutzten Sportstätten wird von nahezu 13.000 Vereinen als großes oder sehr großes Problem erachtet. Die Problemwahrnehmung steigt mit zunehmender Vereins- und Gemeindegröße. Zudem wurde geprüft, ob die Einführung von Nutzungsgebühren für die Nutzung kommunaler Sportanlagen zur Minderung von Sportstättenproblemen beiträgt. Das Ergebnis der längsschnittlichen Analyse ist eindeutig: Vereine, die die keine Nutzungsgebühren bezahlen, haben signifikant geringere Sportstättenprobleme und auch deutlich weniger finanzielle Probleme.

„Die erneut gesteigerte Beteiligungsquote auf nun bundesweit rund 22.000 Vereinen deutet nicht nur auf die hohe Akzeptanz der Studie bei den Vereinen hin, sondern verbessert auch die ohnehin schon hohe Belastbarkeit der Analysen nochmals“, sagte Professor Breuer. Der Direktor des Bundesinstituts für Sportwissenschaft, Jürgen Fischer, bilanzierte: „Die Ergebnisse dieser bundesweiten Untersuchung sind ein wichtiger Bestandteil von Entscheidungs- bzw. Organisationsentwicklungsprozessen sowie Grundlage der Politik- und Verbandsberatung. Der Sportentwicklungsbericht hat sich als ein zeitgemäßes und auch international beachtetes Steuerungsinstrument etabliert. Er steht für eine gelungene Kooperation von Sport und Wissenschaft sowie für einen erfolgreichen Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis.

Neben den insgesamt neun Themenberichten (Demographische Entwicklung, Ökonomische Bedeutung des Vereinssports / Finanzen: Folgen des Kostenanstiegs, Ehrenamt, Strategien und ihre Bedeutung, Sportstätten, Kooperation mit Ganztagsschulen, Der Sportverein und seine Abteilungen - Sportartendifferenzierung) wurde beim Sportentwicklungsbericht 2011/2012 auch selbstverständlich an der Erstellung der Länderberichte festgehalten.

Im Saarland haben sich 550 Vereine an der Online-Befragung beteiligt. Dies entspricht einem Rücklauf von 32,8 %. Somit konnte der Stichprobenumfang der dritten Welle des Sportentwicklungsberichts landesweit um 38,9 % gesteigert werden.  

Die Sportvereine im Saarland erweisen sich als Anker in einer sich schneller wandelnden Gesellschaft. So ist ihre gemeinwohlorientierte Grundausrichtung ungebrochen gegeben. Den Sportvereinen im Saarland ist es besonders wichtig, Werte wie z.B. Fair Play und Toleranz zu vermitteln, eine ehrenamtliche Vereinsorganisation anzustreben und eine preiswerte Möglichkeit des Sporttreibens zu bieten. Außerdem legen die Sportvereine viel Wert auf Gemeinschaft und Geselligkeit und möchten Menschen mit Migrationshintergrund das Sporttreiben ermöglichen. Auch sind saarländische Sportvereine nach wie vor Garanten dafür, dass finanziell erschwingliche organisierte Sportangebote von der breiten Bevölkerung nachgefragt werden können.

Anpassungsfähig zeigen sich Sportvereine im Saarland, wenn es um die Bewältigung neuer gesellschaftlicher Herausforderungen geht. Dies zeigt sich etwa im schulpolitischen Bereich. Mittlerweile kooperieren 15,5 % der Sportvereine im Saarland mit einer Ganztagsschule.

Einige Spitzenverbände (Deutscher Fußball-Bund, Verband Deutscher Sporttaucher, Deutscher Tennis-Bund, Deutsche Reiterliche Vereinigung, Deutscher Tischtennisbund) haben im Rahmen dieser vierten Welle Sonderauswertungen in Auftrag gegeben. Zudem ergänzen Einzelanalysen, zum Beispiel im Bereich Bildung und Qualifizierung oder ein deutsch-schweizer Vereinsvergleich, den vierten Sportentwicklungsbericht. Die fünfte Befragungswelle findet im kommenden Herbst statt.  

Weitere Hintergrundinformationen und zahlreiche Downloadmöglichkeiten zum Sportentwicklungsbericht (Wellen 1 bis 4) finden Sie unter:<link http: lsvs.de bit.ly _blank external-link> bit.ly/15Djejh