„Alles, was ich seit meiner Wahl angekündigt habe, konnte ich umsetzen!“

SaarSport-Magazin, LSVS

Interview mit dem Präsidenten des LSVS, Heinz König.

Seit gut einem Jahr befindet sich der Landessportverband für das Saarland (LSVS) in seiner neuen Struktur. Mit Inkrafttreten der Arbeitsverträge der geschäftsführenden Vorstände Johannes Kopkow und Joachim Tesche zum 1. Februar 2021 löste der Vorstand das Präsidium als Geschäftsführung des LSVS ab und die Umstrukturierung nach dem sogenannten LSVS-Gesetz ist seither vollzogen. Der Aufsichtsrat, dem LSVS-Präsident Heinz König vorsteht, stellt als Fachaufsicht die Kontrolle der Geschäftsführung sicher. Im Gespräch mit SaarSport-Mitarbeiter Sebastian Zenner lässt König das erste Jahr in der neuen Struktur Revue passieren und verrät, welche Themen auf der aktuellen LSVS-Agenda stehen.

Herr König, im vergangenen Jahr hat sich beim LSVS vieles verändert – und das alles während der Corona-Pandemie. Wie blicken Sie aus Sicht des Aufsichtsrates auf das Jahr 2021 zurück?
Heinz König: Zuerst fällt mir hier die Einstellung der neuen Geschäftsführung ein. Diese musste ab Februar mit extrem hoher Geschwindigkeit in das neue Amt finden. In sieben Aufsichtsratssitzungen haben wir zusammen mit den Vorständen den LSVS neu ausgerichtet. Die vielen Herausforderungen haben wir in gemeinsamen Zielen formuliert und deren Priorität in der Umsetzung verbindlich festgelegt. Die Ziele haben wir auf der LSVS-Homepage veröffentlicht.

Zum Beispiel?
König: Die Herstellung der Transparenz, beispielsweise durch die Veröffentlichung der Jahresgehälter der Vorstände, der Jahresabschlüsse oder auch die Offenlegung der Ämter und damit verbundene Einkünfte der Aufsichtsratsmitglieder. Es gibt also keine Geheimnisse mehr. Offenheit und Wahrheit sind die besten Mittel, um Regulative herauszubilden.

Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, die Organisation wieder „auf Trab“ zu bringen. Ist Ihnen dies gelungen?
König: Wir haben mittels einer neuen Organisationsstruktur mit neuen Zuordnungen einen dynamischen Transformationsprozess in Gang gesetzt. 2022 wird es darum gehen, diesen Prozess im Rahmen des Entwicklungsplans, den der Vorstand in unserem Auftrag erstellt hat, in Abstimmung mit dem Personalrat und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern voranzutreiben und zu verfeinern.

Was heißt das konkret?
König: Es geht darum, neue Schwerpunkte zu setzen, einen dazu passenden neuen Stellenplan zu entwickeln und zu überlegen, ob wir den Vergütungsmechanismus des öffentlichen Dienstes dahingehend modifizieren können, dass leistungs- bzw. zielbezogene Elemente für Motivation sorgen. So konnten wir dies in den Verträgen der Vorstände durchsetzen.  Früher war hier die Haltung: ‚Das geht nicht, das können wir nicht.‘ Hätten wir diese Haltung zur Maxime erklärt, würden wir heute noch im Jahr 2020 feststecken. Unsere Herausforderung ist es, mit Verstand und Optimismus an die Fragestellungen heranzugehen, um herauszufinden, was zur Zweckerfüllung für den Spitzen- und den Breitensport notwendig ist. Unsere Aufgabe ist es nicht, immer neue Bedenken zu finden.

Ein zentrales Thema war, ist und bleibt die finanzielle Konsolidierung. Was hat sich in diesem Bereich getan?
König: Im Rahmen der Sanierung sind von unseren Vorgängern wichtige Vorarbeiten geleistet worden. Aber die Frage ist tatsächlich: Wo stehen wir heute und wo wollen wir hin? Letztlich hat sich die Situation bei den allgemeinen Einnahmen wegen der Corona-Pandemie nicht wirklich verbessert. D.h. wir sind nach wie vor von den uns gesetzlich zustehenden Mitteln aus unserer Saartoto-Beteiligung existenziell abhängig. Diese Zuwendungen an den LSVS schwanken.

Trotzdem muss investiert werden, beispielsweise in die Immobilien. Wie soll es hier weitergehen?
König: In den meisten Immobilien auf dem Campus herrscht ein großer Investitionsstau hinsichtlich Renovierungen, Instandsetzungen und auch Verbesserungen. Da die Fachverbände und die SportlerInnen unsere Sportstätten brauchen, müssen wir diese sachlich und wirtschaftlich verbessern. Wir werden ein klassisches Immobilienmanagement einführen. Hierdurch wird unter anderem die Frage beantwortet werden können: Zu welchen Zeiten brauchen und belegen wir die Sportstätten wirklich und kann man die minderbelegte restliche Zeit sinnvoll vermarkten – sprich: Kann man durch eine bessere Auslastung Einnahmen generieren?

Welche Art der Auslastung haben Sie im Sinn?
König: Hier denke ich zunächst an erweiterte sportliche Nutzungsmöglichkeiten sowohl für unsere Vereine als auch für Dritte. In jedem Fall sollte erreicht werden, in Vorbereitung der Olympiade in Paris 2024 für den Standort zu werben und die Anlage zu vermarkten. Weiterhin könnte uns ein Mix an Angeboten mit Veranstaltungen aus anderen Bereichen wie beispielsweise der Kultur weiterhelfen. Wir haben alles, was man dafür braucht: Räume, Parkplätze, Catering, Übernachtungsmöglichkeiten. Folgerichtig haben wir uns das Ziel gesetzt, dies konzeptionell umzusetzen. Mit den gewonnenen Daten ermittelt der Vorstand die realen Bedarfe und kann zusammen mit uns gegebenenfalls Finanzmittel für Reinvestitionen unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten mobilisieren. Weiterhin liegt es auf der Hand, dass wir Fehlentwicklungen wie die sogenannte Multifunktionshalle, die gar nicht multifunktional ist, angehen müssen.  Die Aufgabe des Vorstandes im Immobilienbereich ist klar, nämlich selbst erwirtschafteten Mehrumsatz oder Mittelzuflüsse von anderer Stelle zu erzielen. Die Abhängigkeit von den Schwankungen der Lottomittel müssen perspektivisch deutlich vermindert werden.

Was bedeutet dies beispielsweise für die vom Turnerbund genutzte Halle 40?
König: Unsere Vorgänger gingen noch von einer wesentlich geringeren Investitionssumme aus, als man sie heute annehmen muss. Vorstand und Aufsichtsrat haben gemeinsam festgestellt, dass wir die nötigen Ausgaben für eine Sanierung der Halle 40 wirtschaftlich so nicht stemmen können.  Aus diesem Grund berät sich der Vorstand mit den Turnern, um eine für alle passende Lösung zu erarbeiten. Das werden wir auch hinbekommen.

Inwiefern kann der Campus verbessert werden?
König: Man muss manches neu machen, aber eben nicht alles. Grundlage der Entscheidungen ist: Stehen uns über einen Zeitraum von drei, vier Jahren auch die Mittel zur Verfügung und gelingt es mit der Maßnahme, Reparatur- und Energiekosten perspektivisch einzusparen? Um dieses ehrgeizige, jedoch sinnvolle Szenario umsetzen zu können, wollen wir die künftige Landesregierung für eine substanzielle Unterstützung der Körperschaft des saarländischen öffentlichen Rechtes, also des LSVS, gewinnen. Die Strahlkraft, die unsere Location mit den genannten Maßnahmen entwickeln kann, reicht deutlich über die Landesgrenzen hinaus. Der Sport ist im besten Sinne Standortfaktor für die Wirtschaft, somit auch für qualifizierte Arbeitsplätze. Hier lohnt sich die Investition für die öffentliche Hand.

Können von dieser Strategie auch die LSVS-Mitgliedsverbände profitieren?
König: Vorab gilt: Wir können nur Geld verteilen, wenn wir es in der Kasse haben. Um weiterhin die Wünsche der Fachverbände erfüllen zu können, müssen wir gemeinsam die inhaltlichen, personellen, sachlichen und materiellen Voraussetzungen schaffen, zusätzliche Einnahmen erzielen zu können. Der Sport ist ein Markt. Wir haben die Wahl: Möchten wir die Einzigen sein, die dabei nichts verdienen wollen, dann muss das gesamte Geld aus öffentlichen Quellen kommen. Abhängigkeit behindert bekannterweise meist die Autonomie. Daher wollen wir durch Vermarktung unserer Leistungen und Infrastruktur eigene zusätzliche Mittel erwirtschaften. Die Fachverbände sind in diesen Prozess einzubinden. In Zusammenarbeit mit ihnen erarbeitet der Vorstand derzeit einen Sportentwicklungsplan Saar, welcher uns Aufschluss darüber geben wird, was die Fachverbände in den kommenden Jahren erreichen wollen. Dabei wird geklärt, wie und woher wir die dafür nötigen Mittel bekommen können. Diese strukturierte Vorgehensweise fordert von allen Beteiligten das Einbringen von Fachwissen und Verbindlichkeit.

Innerhalb des LSVS hat es vor und auch nach der Neustrukturierung immer mal wieder geknirscht, es war sogar von zwei Lagern die Rede. Wie hat sich dies aus Ihrer Sicht entwickelt? Herrscht inzwischen Harmonie?
König: Wir alle sollten uns wünschen, dass die Mitglieder die Arbeit der Gremien kritisch begleiten. Das gehört einfach dazu. Und Harmonie um der Harmonie willen braucht es sicher nicht. Bis zur Insolvenz lief, glaube ich, alles sehr harmonisch. Man läuft also Gefahr, dass zu viel Harmonie die gebotene Offenheit überdeckt. Meinungsverschiedenheiten sind keine nicht bestandenen Loyalitätstests. Unser Kurs der Offenheit trägt bereits Früchte. Ich denke nicht, dass man noch von Lagerbildung sprechen kann – das konnten wir alle während der letzten Mitgliederversammlung feststellen.

Aber gerade da wurde im Rahmen der Diskussion um die Verteilung möglicher Haushalts-Überschüsse ein gewisses Misstrauen deutlich.
König: Natürlich gibt es gebrannte Kinder, die lieber vorsichtig vorgehen. Und hier sind der Vorstand und die Gremien in der Pflicht, den Beweis anzutreten, dass eine andere Zeit angebrochen ist.
Sie sprechen die Verwendung von möglichen Überschüssen an. Wenn der Aufsichtsrat und der Vorstand in einem schriftlichen Beschluss festhalten, dass nur die Versammlung über mögliche Überschüsse nach der Sanierung bestimmen, dann ist auf diese Aussage Verlass. Ich kann es verstehen und es ist auch vollkommen in Ordnung, wenn eine gewisse Skepsis aufgrund von Erfahrungen der Vergangenheit vorherrscht. Für meine Person kann ich aber sagen: Alles, was ich seit meiner Wahl angekündigt hatte, konnte ich umsetzen! Bekanntlich war das kein Frühlingsspaziergang. Dies gilt letztlich für alle Aufsichtsratsmitglieder. Ohnehin wird, sobald unser Gesamtentwicklungsplan steht, der Verband noch mehr zusammenwachsen – und zwar an der Sache orientiert. Derzeit befinden wir uns immer noch nicht im Normalzustand, sondern in einer Sondersituation, die von einem gewissen Vorbehalt und auch von einem Restbestand tiefgreifender, emotionaler Verwerfungen geprägt ist.

Erreichen Sie konkrete Rückmeldungen aus den Fachverbänden?
König:
Ja, und zwar äußerst positive. Insbesondere von den größeren und den sehr aktiven Verbänden, aber auch von anderen. Das bestätigt mich in der Auffassung, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Der Verband kann die Nachvollziehbarkeit und Qualität seiner Arbeit dadurch stetig verbessern, wenn er in den zuständigen Gremien Vorstand, Aufsichtsrat und Mitgliederversammlung auf Augenhöhe diskutiert. Von daher fand ich es schade und auch unverständlich, dass in der letzten Mitgliederversammlung – wie im Übrigen auch schon davor – nicht alle Stimmberechtigten anwesend waren.

Was meinen Sie genau?
König:
Von 101 berechtigten Stimmen wurden gerade einmal 75 eingesetzt. Und das bei einem Termin, der sechs Wochen vorher angekündigt wurde. Es kann immer mal jemand kurzfristig ausfallen. Aber dass von mehreren Verbänden nicht einmal eine Person kommen konnte, um das Stimmrecht wahrzunehmen, ist schon ärgerlich. Gerade die Stimmen der kleineren Verbände haben, wie gewünscht, durch die neue Verteilung mehr Gewicht als früher. Wir haben uns im Aufsichtsrat mit dem Thema befasst und gemeinsam unsere Sorge geäußert. Der Vorstand ist gebeten worden, unter Beratung mit der Satzungskommission Lösungen zu erarbeiten. Alle Fachverbände haben sich in der Satzung verpflichtet, das LSVS-Gesetz konsequent umzusetzen – und dazu gehört, dass Partizipationsrechte und Partizipationspflichten eine geschlossene Einheit bilden und untrennbar sind. Nur wer präsent ist, kann grundsätzlich die gegebenen Rechte und geforderten Pflichten einbringen bzw. nutzen. In vergleichbaren anderen Organisationen werden in Fällen von Mangel an Präsenz auch schon mal Strafzahlungen fällig oder Fördermittel gestrichen. So ist es im Übrigen in einigen Fachverbänden intern geregelt.

Wie ist es um die Harmonie im Aufsichtsrat bestellt und wie läuft die Zusammenarbeit mit den anderen Organen, also dem Vorstand und der Mitgliederversammlung?
König:
Alle Organe befinden sich nach der Verabschiedung der Satzung Mitte 2021 noch in einem Lernprozess. Unsere gemeinsame Aufgabe besteht darin, die Dinge so zu strukturieren, dass der Lernprozess für alle Mitglieder der Gremien leistbar wird und dass überall sachlich auf hohem Niveau nachgefragt und diskutiert werden kann.
Für den Aufsichtsrat kann ich sagen, dass die Arbeit zurzeit hervorragend läuft. Dies gilt insbesondere seit der Nachpersonalisierung im Sommer 2021. Alle Sitzungen werden gewissenhaft vorbereitet, so dass die Tagesordnung in einem klaren Zeitraster strukturiert abzuarbeiten ist. In den wesentlichen Verhandlungsgegenständen stimmen die Mitglieder, trotz gelegentlich kontroverser Diskussionen, meistens sachlich überein. Hierbei helfen uns die gesetzlich klar definierten Aufgaben: Die Kontrolle des Vorstands sowie die Beschlüsse und Empfehlungen für die Mitgliederversammlungen. Diese Aufgaben wollen und werden wir weiter bestmöglich erfüllen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr König.

Interview: Sebastian Zenner