Orientierungslauf: Premiere für Anne Kästner bei Jugend-EM in Litauen

Ende August war es endlich soweit: Anne Kästner von der TV Oberbexbach startet bei der Jugend-Europameisterschaft (EYOC) in Litauen. Die saarländische Orientierungsläuferin ist Mitglied des deutschen Nachwuchskaders.

Anne im Zieleinlauf der Langdistanz. Foto: Donatas Lazauskas, Vejus Zigilejus, Ausrichter.

Wie für einige des deutschen Teams war es ihr erster Einsatz auf internationaler Ebene. In der Klasse W18 mit bis zu drei Jahre älteren Konkurrentinnen konnte die 15-Jährige souveräne Leistungen zeigen und sich auf Rang 59 in der Langdistanz sowie 46 im Sprint im Mittelfeld platzieren. Im Interview mit der Redaktion von www.ol-im-saarland.de (kurz: OLiS) berichtet sie nun von ihren Erfahrungen.

OLiS: Erstmal herzlichen Glückwunsch zur Nominierung und deinen Leistungen! Für dich war die Jugend-EM der allererste internationale Einsatz. Wie würdest du das Gefühl beschreiben, als du zum ersten Mal das Deutschlandtrikot übergezogen hast?
AnneFür mich war es ein durchmischtes Gefühl. Einerseits war ich extrem stolz auf mich, weil ich es soweit geschafft habe, anderseits hat es mich auch aufgeregt gemacht, da ich wusste, in ein paar Tagen wirst du das bei einem so wichtigen Wettkampf tragen und dein Land vertreten, sodass es einem ein bisschen Verantwortung übermittelt hat.

OLiS:  Wie lief denn deine Vorbereitung, konntest du dich auf die Anforderungen gut genug einstellen? Wie hast du die Wettkampfgelände erlebt?
Anne: Meine Vorbereitung bestand einerseits natürlich daraus, mir alte Karten anzuschauen und vor allem auch bei der Sprintkarte mir mithilfe von Google StreetView das Gelände in echt schon anzuschauen und einen ersten Eindruck davon zu bekommen. Die Altstadt, in der wir beim Sprint gelaufen sind, war meiner Meinung nach auch ein super Gelände für den Sprint, da die vielen kleinen Gassen das Orientieren und Raussuchen von Routen sehr interessant gemacht haben. Eine Sache, die mir im Wald geholfen hat, war die Swiss-O-Week, bei der wir einige Wochen vorher waren. Dadurch konnte ich das Lesen von vielen kleinen, aber sehr detaillierten Höhen nochmal gut üben und bin auch wieder mehr in die Wettkampfroutine reingekommen. Das Wettkampfgelände der Langdistanz und Staffel war ja im gleichen Wald, der wirklich auch sehr detaillierte Höhen aufwies und auf der Karte ziemlich grün war. Und das passte auch mit der Natur überein, sodass das Querlaufen teilweise recht schwierig war.

OLiS:  Nachdem alle vorherigen Versuche, die Jugend-EM auszutragen, Corona zum Opfer gefallen sind, konnte der Augusttermin endlich eingehalten werden. Haben die Hygieneregeln den Wettkampf beeinträchtigt? Mit welchen Einschränkungen habt ihr es zu tun bekommen? 
Anne: Beim wirklichen Wettkampf hat man kaum die Einschränkungen gemerkt. Man musste zwar an vielen Stellen Maske tragen, aber sonst hat es sich relativ normal angefühlt. Was jedoch sehr schade war: dass die Abendveranstaltung nach der Staffel ausgefallen ist. Ich kann zwar aus meiner eigenen Erfahrung nicht sagen wie sie ist, aber ich habe bisher nur Gutes darüber gehört und hätte sie gerne miterlebt. Stattdessen fanden die Siegerehrungen immer nur direkt nach den Läufen auf der Zielarena statt. Ansonsten mussten wir noch verschiedene Corona-Tests durchführen, die aber nicht weiter gestört haben.

OLiS: Du bist für die W18-Kategorie nominiert worden und damit gegen deutlich Ältere angetreten. Wie zufrieden bist du mit deinen Ergebnissen dort? Was hast du dir vorgenommen und umsetzen können?
Anne: Insgesamt bin ich ganz zufrieden mit meinen Ergebnissen, vor allem, weil es meine erste EYOC war. Bei der Langdistanz habe ich einen Fokus auf die Routenwahlen gelegt. Mir war es wichtig, mich in dieser Hinsicht nicht von den anderen Läufern verunsichern und verwirren zu lassen. Das hat eigentlich auch gut geklappt. Für den Sprint hatte ich mir vorgenommen, mein Lauftempo an das Orientieren anzupassen. Das ist mir auch soweit ganz gut gelungen, sodass ich im Ziel mit dem Ergebnis auch sehr zufrieden war. Ich wusste, dass Sprint nicht meine beste Disziplin ist, daher hat es mich überrascht, dass es von der Platzierung her bei diesen Wettkämpfen doch letztendlich mein bestes Ergebnis war.

OLiS: Welche neuen Erfahrungen, die dir für zukünftige Einsätze helfen werden, hast du sammeln können?
Anne: Ich konnte grundlegende Erfahrungen sammeln, die mir bestimmt bei meinen künftigen Läufen helfen werden. Zum Beispiel zu sehen, wie solche großen Wettkämpfe ablaufen. Hilfreich war auch, sich beim Model Event anzuschauen, worauf man bei der Vorbereitung achten sollte. Ein Model-Event ist ein spezielles Trainingsangebot vor dem eigenlichen Wettkampf. Hier kann man die Charakteristik des Wettkampfgeländes studieren. So kann man sich einfach ein viel besseres Bild von den Abläufen machen und beim nächsten Mal noch gezielter drauf hinarbeiten. Und zusätzlich habe ich noch gelernt, dass ich lieber nicht beim Fußball im Tor spielen sollte, auch wenn es Spaß gemacht hat. Mein Finger war da leider anderer Meinung.

OLiS: Ein besonders herausragendes Erlebnis war sicher der Europameistertitel von Konrad beim Sprint. Wie hast du denn seinen Sieg erlebt? 
Anne: Es war ein unglaubliches Gefühl. Konni ist ja relativ früh gestartet, dadurch hatten wir eine lange Zeitspanne, in der wir alle mitgefiebert haben, ob er wirklich auf Platz 1 bleibt. Das war in der Arena ganz cool gemacht, weil es zwei große Leinwände gab, auf denen immer eingeblendet wurde, wenn jemand möglicherweise schneller sein könnte. Dann haben wir meistens gemeinsam die Zeit runter gezählt und es war jedes Mal wieder ein erleichterndes Gefühl, wenn er auf eins geblieben ist. Als wirklich klar war, dass Konni der neue Europameister ist, haben wir uns alle extrem mitgefreut. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie er sich gefühlt haben muss, weil ich das einfach schon so besonders und bewegend fand. Aber auch die Siegerehrung war nochmal etwas unbeschreiblich Schönes. Ich konnte es gar nicht richtig realisieren, dass man jetzt wirklich die eigene Nationalhymne hört.

OLiS: Das hört sich nach einem richtig schönen Abschluss der EYOC an, und vielleicht war es ja nicht das letzte Mal, dass wir uns zumindest über deutsche Diplomplätze freuen dürfen ;-) Wie geht es denn bei dir weiter? Was steht in der nächsten Zeit an und welche Ziele verfolgst du?
Anne: Die nächsten Wochen stehen erstmal ein paar nationale Wettkämpfe an, wie die DM Mittel und der JJLVK. Auf die freue ich mich schon sehr und bin gespannt, wie ich mich in meiner sehr leistungsstarken Altersklasse behaupten kann. Über einen weiteren Wettkampf oder ein Trainingslager im Herbst zusammen mit dem Bundeskader würde ich mich ebenfalls sehr freuen, aber da steht bisher noch nichts Konkretes fest. Für mich ist aber klar, dass ich mich nächsten Jahr auf jeden Fall nochmal für den Kader bewerben will, in der Hoffnung, dass mehr gemeinsame Wettkämpfe und Trainingslager als dieses Jahr stattfinden können. Außerdem wird die EYOC wieder eines der Jahresziele werden.

OLiS: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für dich und deine nächsten Ziele!
 

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