Mitarbeitermotivation - leicht gesagt - schwer umgesetzt

Mangel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Vereinen, Unzufriedenheit mit der Belastung, ... die Liste der Problembereiche ließe sich verlängern.

Hinter dem Begriff Motivation verbirgt sich der Schlüssel für die Lösung im Mitarbeiterbereich. Denn, wenn zu wenige Menschen die Motivation für die Vereinsarbeit aufbringen, ergibt sich ein Mangel. Schließlich bedeuten Motivation des Einzelnen und die Situation im Sportverein den Auslöser für die Bereitschaft sich einzubringen. Wie kann Motivation denn gehen?
 

Tschakka du schaffst es!

Dies war einmal der Schlachtruf eines Motivations-Gurus im Fernsehen, in der Menschen Aktivitäten entwickeln sollten, vor denen sie sich bis dahin gescheut hatten. Der Tschakka-Ruf als zumindest Verstärkung für die Bereitschaft zu einer besonderen Leistung. Schön wäre eine funktionierendes „Tschakka - Du arbeitest mit!“. Leider eine vergebliche Suche.

Genauso wie die Vorstellung, dass es bei jedem Menschen einen verborgenen Schalter gibt, mit dem man ihn oder sie motivieren kann. Und der Glaube daran, dass es große Motivierer gibt, die genau dieses Geheimwissen besitzen. Die reale Ausgangssituation müssen wir uns ein wenig genauer anschauen.

Da ist der Verein, der eine Mitarbeitsvakanz hat, als Wahlamt, als Saison- oder Projektaufgabe oder kurzfristige Hilfe für beispielsweise ein Kinderfest. Und da ist ein Mensch mit seinen ureigensten und damit höchst-individuellen Erwartungen, was er sich von seinem Leben und seinem Einsatz von Lebenszeit verspricht. Das Gesichter-Anmalen beim Kinderfest und Erwartungen an das eigene Leben - eine scheinbar riesige Spanne. 

Aber: Der einzelne Mensch orientiert sich an seinen Bedürfnissen. Diese können bewusst sein oder mehr im Verborgenen liegen. Schließlich verspricht die Erfüllung von Bedürfnissen positive Gefühle und Befriedigung. Es wird sicherlich Menschen geben, die sich nach dem Anmalen einer Anzahl von Kindergesichtern bereichert fühlen. Vielleicht weil sie dann in strahlende Kinderaugen schauen konnten, wenn sich diese im Spiegel angeschaut haben. Oder auch durch die eigene Einschätzung der gelungenen Kleinkunstwerke und ihrer Originalität.

Nur: Nicht jeder Mensch hat die entsprechenden Talente oder kann sie gut in der Praxis einsetzen. Neben diesem Können ist die Ausdifferenzierung von persönlichen Interessen ein weiterer Aspekt. Deshalb bietet die Option des Gesichts-Anmalens für manche Menschen keinen wirklichen Anreiz, seine Zeit aufzuwenden und sich zu verpflichten.

Hinzu kommt, dass gesellschaftliche Leitmotive wie selbstverständliches Engagement in Vereinen, welche eine relativ breite Akzeptanz und gesellschaftliche Verankerung hatten, aus der Mode gekommen sind. Individualisierung heißt seit vielen Jahren das Codewort für die Vielfalt menschlicher Interessen, Lebensstile und damit auch Ansatzpunkt der Motivation für ein Handeln. Wie der Rheinländer so schön zusammenfasst, heute gilt „Jeder Jeck is’ anders.“
 

Ansatzpunkte: Anreize und Beiträge

Man kann sich die Mitarbeitsentscheidung des Menschen als eine Art Abwägungsprozess vorstellen. Nicht so wie beim Vergleich von Angebotsblättern der Lebensmittelmärkte nach Euro und Cent aber in Richtung einer bewussten Entscheidung. Und selbst wenn die Mitarbeit erst einmal aus einer impulsiven Situation heraus geschehen ist („Wir brauchen Dich jetzt unbedingt, sonst geht der ganze Verein den Bach runter!“) kommt früher oder später eine Überprüfung.

Die Anreize sind sozusagen die Angebote des Vereins, welche auf Motivationen bei Menschen treffen können. Hier gibt es drei große Gruppen:

  • Materielle Anreize: Geld, Sachleistungen.
  • Nicht materielle Anreize aus der Mitarbeit: der Tätigkeit selbst, der Zusammenarbeit mit anderen oder auch als Rückmeldung von Mitgliedern.
  • Nicht materielle Anreize aus der eigenen Identifikation mit dem Verein, seinen Zielen und realisierten Aufgaben oder dem übernommenen Aufgabenbereich.

Grundsätzlich kann man sagen, dass die materiellen Anreize für die ehrenamtlichen und damit grundsätzlich unentgeltlich tätigen Mitarbeiter wegfallen. Selbst bei einer Zahlung im Rahmen der Ehrenamtspauschale gilt es sehr genau zu überlegen, ob dies zu dem Verein passt. Geld scheint manchmal die Ausflucht zu sein, wenn einem als Lösung für die Anreize nichts anderes mehr einfällt oder alle anderen Varianten zu aufwändig erscheinen. Schließlich kann die als hilfreich denkbare Änderung von Arbeits- und Verhaltensweisen sehr große Anstrengungen erfordern.

Aus den beiden restlichen Anreizkategorien ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, wie eine Anreizkonstellation für den Einzelnen aussehen kann. Jeder Verein wird einen bestimmten Mix an Anreizen haben, den er bereithalten kann. Einige Anreize sind relativ statisch, wenn z. B. einzelne Aufgaben recht starre Anforderungen haben. Z. B. die Buchhaltung. Andere Anreize können durchaus auch entwickelt werden: Kommunikation, Zusammenhalt, Zielklarheit, Führungsstil als Beispiele. 

Wie vorhin beschrieben, sind die Erwartungen heute sehr unterschiedlich und sie unterscheiden sich auch nach den Lebensphasen Jugend, Familien- und Berufsphase, nachberufliche Phase. Da wo man als Jugendlicher vielleicht mehr experimentieren und sich erproben will, erwartet der Berufstätige einen möglichst reibungslosen Arbeitsablauf in einem abgesteckten Rahmen, um sein schmales Budget an Freizeit nicht noch mit unnötiger Mehrarbeit oder Klärungsprozessen belasten zu müssen. Der Mensch in der nachberuflichen Phase ist vielleicht eher für eine soziale Einbindung empfänglich.

Den individuell gültigen und wirksamen Anreizen stehen in dieser Form der Betrachtung die Beiträge gegenüber. Also das, was der oder die Mitarbeitende an Zeit und Kraft einbringen muss.
 

Die Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Im Sommer 2015 erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Turner-Bund und dem Landesportbund Niedersachsen eine Befragung von Ehrenamtlichen. Dabei wurde ermittelt, dass aus insgesamt 11 Anreizcharakteristiken zwei deutlich herausragten:

  • „Mit Menschen zusammen zu sein, ist für mich eine wertvolle Erfahrung aus der Vereinsarbeit.“ 
  • „Die Rückmeldung der Mitglieder, für die ich meine Vereinsarbeit mache, ist mir sehr wichtig.“

Ebenfalls wichtig war die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und nach Möglichkeit umzusetzen. Die Identifikation der Befragten richtet sich in erster Linie auf das Team oder die Gruppe mit der die Zusammenarbeit erfolgt (z. B. Vorstand, Übungsgruppe) oder die individuell bevorzugte Sportart. Aber auch die Aufrechterhaltung eines für die Region wichtigen Angebotes war durchaus ein Argument, dem ein deutlicher Teil der Befragten etwas abgewinnen konnte. Geldwerte Leistungen bzw. Zahlungen haben nur eine untergeordnete Bedeutung aus Sicht der Befragten. 

Besonders bei jüngeren Engagierten hatte der Erwerb von Kompetenzen noch eine besondere Bedeutung. Jüngere Engagierte legen erkennbar Wert auf eine Bescheinigung über die Vereinsarbeit, ebenfalls auf Freikarten und Freigetränke bei Vereinsveranstaltungen. Über alle Altersgruppen führt das „einfache Danke“ die Wunschliste bei den möglichen Formen der Anerkennung an.
 

Was kann man also tun?

Es gilt, in den Verein hinein zu horchen, ins Gespräch mit den Mitgliedern zu kommen. Bei den Mitarbeitenden danach zu fragen, was ihnen wichtig ist und bei den Nicht-Mitarbeitenden was sie für eine Mitarbeit erwarten würden. Ein Teil der Angesprochenen wird sagen, dass die Vereinsmitarbeit für sie nicht passt. Das muss dann auch ok sein.

Mit der Gestaltung von Anreizoptionen verbunden ist eine sorgfältige Entwicklung des Vereins als zeitgemäße Organisation. Wie schon geschrieben, man kann als Verein Anreize anbieten. Diese müssen „reizvoll“ sein. Und sie müssen zu dem Verein und der Kulturregion passen, in welcher der Verein lebt.

Die stärkste Ebene dazu bietet die Identifikation mit dem Verein oder zumindest der jeweiligen Abteilung. Dies kann als Hinweis gelten, hier eine klare Linie herauszuarbeiten und voran zu bringen. Eine offene Diskussion im Verein und die Formulierung von Zielen und Leitgedanken sind hilfreiche Formen.
 

De-Motivation geht immer

Dafür braucht es nicht viel. Eine starre, rückwärtsgewandte Vereinsführung. Ignoranz der Leistung anderer Menschen, auch wenn dies einfache Tätigkeiten sind. Die Betonung von Hierarchie oder die fehlende Sensibilität im Umgang miteinander. Schon Mitte der 1990er Jahre wurde in einer Veröffentlichung zum Ehrenamt des Landessportverbandes Bayern darauf hingewiesen, dass die Menschen in Sportvereinen sich selbst das Leben schwer machen.

Starrheit der Vereinsführung und Stress zwischen Mitarbeitern des Vereins waren zwei wichtige Aspekte, welche in der angesprochenen Befragung genannt wurden, wenn es um die Überlegung ging, die Tätigkeit aufzugeben.

Dagegen gilt es zu arbeiten ... Tschakka ... wir schaffen das ...!

Autor: Prof. Dr. Ronald Wadsack, Salzgitter