„Wollen Stellung beziehen und Rückgrat zeigen"

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In der aktuellen Ausgabe des SaarSport-Magazins sprach Sebastian Zenner mit dem neuen Führungsduo des LSVS.

Seit dem 1. Februar 2021 ist der letzte Schritt der Neustrukturierung des Landessportverbandes für das Saarland (LSVS) gemacht. Mit dem 42-jährigen Diplom-Kaufmann und ehemaligen Weltklasse-Badmintonspieler Joachim Tesche und dem 38-jährigen Diplom-Kaufmann für Sportmanagement Johannes Kopkow haben die hauptamtlichen Vorstände der neuen LSVS-Struktur ihre Arbeit aufgenommen. Tesches Schwerpunkt liegt auf den Finanzen, Kopkow kümmert sich vornehmlich um die sportlichen Themen. Ihre Verträge gelten für die nächsten fünf Jahre. Im Gespräch mit SaarSport-Mitarbeiter Sebastian Zenner schildern beide unter anderem ihre ersten Eindrücke im neuen Job an der LSVS-Spitze.

Herr Kopkow, Herr Tesche, wie liefen die ersten Tage an der neuen Arbeitsstätte?

Joachim Tesche: Wir wurden von sämtlichen Kolleginnen und Kollegen extrem offen empfangen, das war einfach herausragend. Wir lernen Stück für Stück die Menschen kennen, die hier arbeiten, und das, was sie tun. So versuchen wir uns in Höchstgeschwindigkeit einen ersten Überblick zu verschaffen. Aus meiner Sicht läuft das so gut, wie es angesichts der hohen Themendichte laufen kann.

Johannes Kopkow: Dem kann ich mich nur anschließen. Es ist toll, überall mit offenen Armen und einem Lächeln im Gesicht empfangen zu werden. Uns wird der Start von allen sehr leicht gemacht. Es ist eine Freude, jeden Morgen hierher zu kommen und das so zu erleben. Nichtsdestotrotz ist natürlich viel zu tun und da qualmt einem am Abend schon auch mal der Kopf (lacht). Es macht bisher außerordentlich viel Spaß und das ist eine wunderbare Basis für die gemeinsame Zukunft.

Welche ersten Eindrücke konnten Sie von den Mitarbeitenden im LSVS gewinnen?

Kopkow: Es ist spannend, die Menschen dahinter kennenzulernen. Mit ihren Werdegängen, den Aufgaben, die sie haben, und auch zu sehen, mit welcher Freude sie dabei sind. Viele haben darauf gewartet, dass es endlich losgehen kann. Natürlich wird das gegenseitige Kennenlernen durch die Corona-Situation erschwert. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im mobilen Arbeiten von zu Hause aus tätig und können nur per Videokonferenz zugeschaltet werden. Aber um in der Sportsprache zu bleiben: Auch diese Hürde meistern wir und sind alle zusammen auf einem zukunftsorientierten Weg. Wir werden versuchen, dem saarländischen Sport alles, was wir an Kraft, Tatendrang und Wissen haben, zur Verfügung zu stellen, und freuen uns über jeden, der mit uns gemeinsam in dieses neue Zeitalter aufbrechen möchte. Wir freuen uns schon sehr auf die weiteren Gespräche und erste persönliche Treffen, sobald es die Corona-Situation wieder zulässt.

Die Belegschaft hat ja in den vergangenen Jahren viel mitgemacht, die Sanierung hat nicht zuletzt im Personalbereich ihre Spuren hinterlassen. Trotzdem empfinden Sie die Grundstimmung als positiv?

Tesche: Die Grundstimmung ist geprägt von Hoffnung und der Erwartung, dass wir nach Zeiten harter Sanierungsmaßnahmen, gerade auch im Personalbereich, gemeinsam weiter an einem handlungs- und damit zukunftsfähigen LSVS arbeiten. Es sind wirklich alle sehr gewillt, diesen Weg mitzugehen. Jetzt ist es unser Job, diesen Rückenwind, der uns von den Kolleginnen und Kollegen gegeben wird, zu nutzen und den Erwartungen gerecht zu werden.

In den vergangenen Monaten der Übergangszeit in die neue Struktur gab es verbandsintern immer wieder Spannungen – auch mit Blick auf die Besetzung der Vorstandsposten. Ist davon noch etwas zu spüren?

Kopkow: Wir versuchen, nur auf die sachlich notwendigen Themen, nicht aber auf das emotionale Drumherum zurückzuschauen. Wir richten den Blick nach vorne und werden unseren eigenen Weg finden. Bisher haben wir das Gefühl, dass uns das gut gelingt, und hoffen, den Weg mit allen Beteiligten, also auch den Sportfachverbänden und anderen im Umfeld des LSVS, zu gehen. 

Verlief die Übergabe der Verbandsgeschäfte vom ehrenamtlich tätigen Präsidium zu Ihnen als Hauptamtliche reibungslos?

Kopkow: Absolut. An dieser Stelle möchten wir uns auch herzlich beim ausgeschiedenen Präsidium bedanken. Die Mitglieder haben einen professionellen Übergang gewährleistet und unter anderem ein mehrseitiges Übergabeprotokoll erstellt und uns im Rahmen der „Staffelstabübergabe“ überreicht, das uns an vielen Stellen hilft. 

Tesche: Die Mitglieder des früheren Präsidiums hatten uns auch zugesagt – und davon haben wir bereits Gebrauch gemacht –, sie jederzeit kontaktieren zu dürfen, um uns über das Übergabeprotokoll hinaus ihre Unterstützung einzuholen.

Sie bilden zu zweit die neue Spitze des LSVS, sprechen auch schon selbstverständlich vom „Wir“. Konnten Sie sich in der kurzen Zeit des Zusammenarbeitens überhaupt schon kennenlernen?

Tesche: Ja. Im Wesentlichen gilt dies für den beruflichen Kontext, weil wir zusammen an ganz vielen Sitzungen teilnehmen. Wir haben relativ ähnliche Grundansätze, was beruflich gesehen schon einmal sehr schön ist. Und darüber hinaus verstehen wir uns ebenfalls sehr gut.

Kopkow: Den Eindruck habe ich auch. Wir haben ähnliche Vorstellungen und es macht Freude, wenn man diese miteinander teilen kann und sich nicht erst einmal intern von der jeweiligen Meinung überzeugen muss. Es ist ein sehr hohes Gut, sich aufeinander verlassen zu können, und das wird uns insbesondere in der nächsten Zeit sehr hilfreich sein.

Kam es schon zu einer Spezifizierung Ihrer jeweiligen Aufgabengebiete über die grundsätzlichen Themenbereiche Sport und Finanzen hinaus?

Kopkow: Einiges ist ganz klar und ergibt sich aus dieser grundsätzlichen Zuständigkeit, anderes wird sich in den nächsten Wochen und Monaten herauskristallisieren. Das ist auch gut so. Es würde nicht helfen, Schnellschüsse abzugeben. So etwas muss bis in die Tiefe gut überlegt sein, um die Stärken und Expertisen von uns beiden sinnvoll zu nutzen und einzubringen. Sonst hätten wir davon keinen größeren Mehrwert.

Tesche: Wir sind ja gerade dabei, uns einen Gesamtüberblick aller Themen des LSVS zu verschaffen, und nehmen derzeit alle Termine zusammen wahr. Auch solche, bei denen im Vorhinein schon klar ist, dass Johannes oder ich zuständig sein werden. Es gibt aber eben auch manche Bereiche, bei denen es offen ist, wer die Zuständigkeit übernehmen wird. In den Grenzbereichen wird es darum gehen, wer sich aufgrund seiner Erfahrung am besten einbringen kann.

Wie lange wird dieser Prozess dauern?

Tesche: Wir haben uns da erst einmal keine zeitlich harte Grenze gesetzt. Das wäre auch nicht zielführend. Wir werden es aber auch nicht bis in die Ewigkeit ziehen, sondern treffen eine Entscheidung, sobald sich etwas herauskristallisiert.

Kopkow: Uns künstlich unter Druck zu setzen, würde uns nicht weiterbringen. Wir versuchen uns einfach weiterhin beidseitig Zugang zu verschaffen und irgendwann kommen die Gesamtzusammenhänge dazu und wenn wir so weit sind, wird es sinnvolle Zuordnungen geben.

Mit Ihrer Anstellung ist die Umstrukturierung des LSVS abgeschlossen. Wir verstehen Sie die Rollenverteilung der unterschiedlichen Gremien?

Kopkow: Das höchste Organ ist die Mitgliederversammlung, die ja auch den Aufsichtsrat gewählt hat. Wir sind als Vorstand für sämtliche operativen Geschäfte verantwortlich. Im Wesentlichen ist der Aufsichtsrat ein Aufsichts- und Kontrollorgan. Der Aufsichtsrat gibt, soweit er das kann und wir das einfordern, Hilfestellung. Wichtig ist, dass es einen gemeinsamen Weg gibt. Der ist schon jetzt durchaus erkennbar.

Derzeit laufen vor allem im infrastrukturellen Bereich notwendige Projekte, die das frühere Präsidium angestoßen hat und die Sie weiterführen werden. Beispielsweise das Neubauprojekt der Handball- und Turnhalle oder die energetische Sanierung der Bogenhalle trotz Denkmalschutz. Welche Pflöcke können und wollen Sie selbst kurz- und mittelfristig einschlagen bzw. welche Themen stehen im Vordergrund?

Kopkow: Der erste Pflock ist, die Gesamtstruktur des LSVS zu erfassen und zu verstehen. Danach kommen die weiteren Themenkomplexe. Ganz vorne stehen neben den erwähnten infrastrukturellen Baustellen die Themen Personal, Personalstruktur, Organisationsstrukturen und Finanzen. Aber es geht natürlich auch darum, zu überlegen, wie man dem LSVS wieder Leben einhauchen kann. Das heißt: Wie kann man nach der Corona-Pandemie wieder Menschen an diesen Standort bringen? Wie können wir es schaffen, dass der LSVS wieder als eine Art Marke wahrgenommen wird, die für etwas steht, zum Beispiel für Werte wie Transparenz, Gemeinschaft und Vertrauen schafft? Es wird auch die Frage sein, wie wir das, was wir hier für den Sport im Saarland tun, nach außen tragen und zu den Verbänden, Vereinen, Sporttreibenden und allen Menschen im Saarland kommunizieren können.

Tesche: Was das Thema Finanzen angeht, werden wir nach dem Abschluss der Sanierung den Weg der Konsolidierung in den kommenden Jahren weitergehen. Eine mittelfristige Planung ist notwendig. Davon wird man dann ableiten können, welche Möglichkeiten, aber auch Zwangspunkte wir in den nächsten Jahren haben. Wir müssen alle gemeinsam im LSVS einen guten Job machen, um aus den vorhandenen Ressourcen kreativ das maximal Mögliche herauszuholen.

Kann dabei auch das Thema E-Sport eine Rolle spielen? Vor nicht allzu langer Zeit erhitzte eine Debatte über eine vermeintliche E-Sport-Förderung der Landesregierung die Gemüter.

Kopkow: Dieses Thema muss man sehr differenziert betrachten. Zum einen haben wir eine E-Gaming-Szene, die von Formaten mit Waffengebrauch geprägt ist, die den Begriff des E-Sports bemüht und gerne in den organisierten Sport aufgenommen werden möchte, um von Vorteilen wie der Gemeinnützigkeit zu profitieren. Und wir haben eine Szene, die Sportspiele wie Fußball und Basketball an der Konsole spielt. Grundsätzlich finde ich nichts Verwerfliches an dem Gedanken, die Millionen Menschen, die Sportspiele auf der Konsole nutzen, auch für die jeweiligen Sportarten zu begeistern. Und sei es nur als passiver Zuschauer bei Veranstaltungen oder dergleichen. 

Tesche: Man muss erstmal festellen: Manche E-Sport-Veranstaltungen füllen ganze Stadien. Diese Spiele haben allerdings nichts mit Sport zu tun – auch nicht, wenn es in einer Wettkampfform stattfindet. Aber es ist eine legitime, weit verbreitete Form des Zeitvertreibs. Eindeutig ist bei diesen Aktivitäten aber auch, dass es sich nicht um eine sportliche Betätigung handelt. Dem gegenüberstehend gibt es auch Sportarten, die digitale Technologie nutzen, um Wettkämpfe zu organisieren – gerade in der Corona-Pandemie hat sich hier vieles getan. Das könnte man auch unter E-Sport subsummieren. 

Von den perspektivischen Themen zurück ins Hier und Jetzt. Die Corona-Pandemie wird unser aller Leben noch eine ganze Weile beeinflussen. Insbesondere vor dem zweiten sogenannten „Lockdown“ hat sich der LSVS erfolgreich insbesondere für Profis und Kaderathleten eingesetzt, die in der folgenden Rechtsverordnung der Landesregierung entsprechende Berücksichtigung fanden. Inwiefern werden Sie sich auch künftig in politische Entscheidungsprozesse einbringen?

Kopkow: Wir werden grundsätzlich versuchen, für unsere Verbände und Vereine da zu sein und die Interessen des Sports insofern zu vertreten, dass so schnell wie möglich unter den gegebenen Bedingungen wieder Sport getrieben werden kann. Da denke ich in erster Linie an die Kinder, für die es aus sozialen Gesichtspunkten ungemein wichtig ist, wieder mit Gleichaltrigen dem nachgehen zu können, was sie lieben. Gleichwohl dürfen wir nicht vergessen, dass jeder Schritt, den wir zu früh machen, wieder Rückschläge zur Folge haben könnte. Hier eine Balance zu finden, wird nicht einfach sein.

Wird sich der LSVS als Interessenvertreter des Saarsports auch in anderen gesellschaftlichen Debatten aktiv und öffentlichkeitswirksam positionieren?

Tesche: Das ist unser Anspruch. Wenn sportliche Themen in Gesellschaft und Politik diskutiert werden, müssen wir dabei sein. Wir müssen auch in der Lage sein, sportgesellschaftliche Themen zu adressieren, um sie Teil des politischen Diskurses werden zu lassen.

Kopkow: Natürlich werden wir das Sprachrohr in die Ministerien, zu Presse und Fachverbänden sein. Wir wollen Stellung beziehen, Rückgrat zeigen und Kommunikation an die erste Stelle setzen. Auch aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, unsere Gehälter bekanntzugeben sowie die Bilanz 2019 auf unserer Internetseite zu veröffentlichen. Das entspricht auch dem klaren Beschluss des Aufsichtsrates, Transparenz in allen LSVS-Angelegenheiten herzustellen und damit gerade mit den Mittelverwendungen offen umzugehen. Wir wollen damit zeigen, dass wir zu dem stehen, was wir sagen, und klar darstellen, dass der LSVS in ein neues Zeitalter aufbricht.

Dabei wünscht Ihnen das Magazin SaarSport viel Erfolg. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Tesche und Herr Kopkow.

Interview: Sebastian Zenner