"Mir fehlt der Sport sehr"

LSVS

Der Landessportverband für das Saarland hat sich mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Saarland Sporttoto GmbH, Michael Burkert, über seine Zeit bei Saartoto, die Wichtigkeit des sozialen Engagements und die Bedeutung des Sports, gerade in der aktuellen Zeit, unterhalten.

Herr Burkert, Sie hatten am 31.05.2021 Ihren letzten Arbeitstag als Geschäftsführer der Saarland Sporttoto GmbH und sind seither im Ruhestand. Wie haben Sie die ersten Wochen erlebt und verbracht?

Michael Burkert: Der Abschied von Saartoto und den Spielbanken ist mir nach 14 Jahren nicht leicht gefallen. Die Wertschätzung durch den Aufsichtsrat in einer virtuellen Verabschiedung unter anderem durch die Vorsitzende der Aufsichtsräte Ministerin Monika Bachmann, die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger und dem Präsidenten des LSVS, Heinz König hat mir gut getan. Auch die sehr persönliche Verabschiedung durch die Mitarbeiter - leider auch durch Corona eingeschränkt - hat mich gerührt. Ich habe in meiner Amtszeit wohl nicht zu viel falsch gemacht. Der tägliche Druck durch die verantwortungsvolle Tätigkeit ist nun nicht mehr da, jedoch denke ich an das Team bei Saartoto immer wieder gerne zurück.

Ich bin froh, dass es mir gelungen ist durch ehrenamtliche Aufgaben, die mir Spaß machen, mich engagieren zu können, aber auch mehr Zeit für Kinder und Enkelkinder und mal Raum für Reisen, Sport und Kultur zu haben. 

Sie waren über 10 Jahre Geschäftsführer bei Saartoto. Wie bewerten Sie ihre Zeit als Geschäftsführer?

Michael Burkert: Nach fast 14 Jahren in der Führung des Stadtverbandes Saarbrücken, lange als durch die Bevölkerung direktgewählter Präsident, war mir die Bedeutung von Saartoto für den Sport, die Kultur, die Initiativen im Umwelt- und Sozialbereich immer bewusst. In den knapp 14 Jahren als Geschäftsführer von Saartoto gelang es diese Stellung zu erhalten und auszubauen. Nicht wenige haben noch vor einigen Jahren das Ende des staatlichen Glückspielmonopols befürchtet, manche herbeigesehnt. Glücksspiel ist kein Wirtschaftsgut wie jedes anderes, es beinhaltet Gefährdungen, auf der anderen Seite gibt es einen natürlichen Spieltrieb von vielen Menschen. Saartoto hat sich in den vergangenen 14 Jahren - wie auch die saarländischen Spielbanken - dieser Herausforderung gestellt. Die Liberalisierung von Online Glücksspielen und Poker sehe ich kritisch, ebenso die überbordende Werbung für Sportwetten.

Saartoto ist es auch gelungen die führende Stellung unter den deutschen Lotteriegesellschaften nicht zu erhalten, sondern auch zu stärken. Dies gelang durch die rechtzeitige und verantwortungsvolle Öffnung für den Vertrieb übers Internet, ohne die Basis, unsere Verkaufsstellen zu vernachlässigen, durch die Entwicklung neuer Angebote und eine moderne Produktpolitik. Das Jahr 2020 war das erfolgreichste Jahr seit langem, auch, weil wir unsere Bindung zu unseren Destinatären immer in den Mittelpunkt stellen. Mit rund 15 Millionen Euro wird alleine der Sport jedes Jahr unterstützt.

Das die Ziehung der Lottozahlen seit nun einem Jahrzehnt aus Saarbrücken kommt, ist ein großer Vertrauensbeweis für unsere „kleine“ Gesellschaft im Kreis der vielen größeren Landeslotteriegesellschaften. Und es stärkt den Standort Saarland.

Saartoto ist ein wichtiger Partner des Sports im Saarland. Welche Bedeutung hat die Partnerschaft für den Sport im Saarland?

Michael Burkert: Ohne das Sportachtel und die zusätzliche Förderung, vielfältiger Aktivitäten des Sports und das Sponsoring von kleinen wie großen Veranstaltungen hätte es der Sport im Saarland finanziell sehr schwer. Das Land könnte kaum die entsprechenden Mittel zu Verfügung stellen.

Der Sport aber auch die Kultur, um die zwei wichtigsten Partner zu nennen, profitieren in einem besonderen Maße von Saartoto, ein Modell, um das das Saarland von den Destinatären in vielen, anderen Bundesländern beneidet wird.

Wichtig ist das Sportachtel für den LSVS, seine Fachverbände und die vielen Sportvereine. Gerade diese Vereine mit dem großen ehrenamtlichen Engagement ihrer Vorstände und Aktiven sind der "Kitt dieser Gesellschaft", bringen Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, Alters und Interessen zusammen.

Ich bin immer wieder begeistert, was auch mit kleinen finanziellen Förderungen von den Vereinen auf die Beine gestellt wird. Das Geld ist gut investiert.

Neben Ihrer beruflichen Tätigkeit haben Sie sich in Ihrer Freizeit auch sozial engagiert. In welchen Bereichen waren bzw. sind Sie tätig?

Michael Burkert: Mir war und ist, seit ich mich erinnern kann, das gesellschaftliche Engagement immer ganz wichtig. Wahrscheinlich habe ich dies durch meine Eltern in die Wiege gelegt bekommen. Es fing in der Kirche an, ging über die Jugendzentrums- und Umweltbewegung weiter. Imponiert hat mir die Aussage von J. F. Kennedy, der mal Sinn gemäß sagte, man solle nicht fragen, was ein Land für einen tun kann, sondern eher, was man selber für sein Land tun kann.

Ich bin seit vielen Jahren Präsident des Deutschen Roten Kreuzes im Saarland und versuche dort, aber auch auf Bundesebene zusammen mit den vielen Mitgliedern diese tolle Organisation, mit ihrem weltweiten Ansatz und den lokalen Aktivitäten auf die wandelnde gesellschaftlichen Herausforderungen einzustellen.

Wir brauchen - wie der Sport - Menschen, die sich engagieren, aber die Formen und die Bedürfnisse ändern sich. Ich finde es immer wieder eine spannende Aufgabe, daran mit zu wirken. Jetzt habe ich dafür sicherlich mehr Zeit. 

Dies gilt auch für die Arbeit als Vorsitzender des Verwaltungsrates des Saarländischen Rundfunks. Der SR steht vor vielfältigen Herausforderungen. Wie gelingt es, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch in der Zukunft so auszustatten, das er seinem Auftrag weiterhin gerecht werden kann? Wie stellt er sich angesichts des digitalen Wandels auf, nimmt die junge Genration mit, ohne die Älteren, die weiterhin die linearen Angebote schätzen zu verlieren? Angesichts von Fake news und Populismus hat der seriöse, unabhängige öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinem breiten Angebot an Bedeutung eher gewonnen, trotzdem wird seine finanzielle Grundausstattung immer wieder in Frage gestellt.

Wenn ich mir den Sport ansehe: Wer berichtet, denn heute noch über sogenannte „ Randsportarten“, über regionale Ereignisse, es ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, es ist der SR. Da engagiere ich mich gerne, wie auch in der Inklusionsarbeit und bei „meinem“ ATSV Saarbrücken.

Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die ehrenamtliche Tätigkeit?

Michael Burkert: Die ehrenamtliche Tätigkeit im Sport oder im sozialen Bereich ist die Basis von fast allem. Dort ist man nah an den Menschen, man weiß wo der Schuh drückt. Im Zusammenwirken mit den Hauptamtlichen muss es gelingen den besten Weg zu finden. Das heißt das Hauptamt sollte das Ehrenamt unterstützen, andererseits braucht das Hauptamt Freiräume für professionelles Handeln. Das ist nicht immer ohne Spannungen, gelingt dann besonders gut, wenn man die Sichtweisen anderer aufnimmt und das „Besserwissen" zurückgestellt

Wie verlief die Zusammenarbeit mit dem LSVS auf der einen Seite als Geschäftsführer von Saartoto und auf der anderen Seite als Vorstandsmitglied eines Sportvereins?

Als Präsident des ATSV Saarbrücken war die Zusammenarbeit mit dem LSVS eher nicht mein Schwerpunkt. In meiner Funktion als Geschäftsführer von Saartoto wollte ich jeden Interessenkonflikt vermeiden. Im ATSV machen das andere und das ist gut so. Ich bin froh, wie sich dieser große Breitensportverein mit seinen vielen Abteilungen entwickelt hat. Das große Projekt der Sanierung der Sportstätten, das mich seit Anfang meiner Wahl zum Präsidenten beschäftigt, hat einen langen Weg hinter sich, die Fortschritte sind sichtbar. Auch ist es gelungen bei allen sportlichen Erfolgen und Wünschen, den Breitensport als DNA des ATSV in den Mittelpunkt zu stellen. Auch mit schmerzlichen Entscheidungen, wenn die Gelder für Aufstiegsambitionen im Basketball fehlen und sogar für die Damen in der Tischtennisbundesliga fehlten. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie die ganz jungen Menschen, zum Beispiel von der Folsterhöhe ihre ersten sportlichen Erfahrungen machen oder wie die ältere Generation, nicht nur in der 3. Halbzeit, sich zusammenfinden.

Welche Bedeutung hat der Sport in unserer Gesellschaft, gerade in der aktuell schwierigen Phase?

Michael Burkert: Gerade die Zeiten der Corona Pandemie zeigen, welche Bedeutung der Sport hat. Jenseits vom nur am Profit orientierten Gebaren der FIFA und der UEFA, wie wir es gerade erleben. Sport bietet Menschen von Klein auf die Möglichkeit gemeinschaftlicher Erlebnisse, das Erkennen von Fähigkeiten und Grenzen, die Freude über Siege, wie auch die Trauer über Niederlagen, ohne das die Welt zusammenbricht. Das alles und viel mehr, vermissen wir doch jetzt seit mehr als einem Jahr! Ich finde es beeindruckend, wie Vorstände immer wieder überlegen, wie sie durch diese Zeit der Herausforderungen kommen, wie Trainer die Kontakte zu den Aktiven halten, und und...

Wenn man mal etwas nicht hat, merkt man oft erst, wie wichtig es ist. Mir fehlt der Sport sehr. Wie froh war ich, als ich mit meinem Sohn vor einigen Wochen mal wieder auf dem Tennisplatz stand. Das hat mir ein Jahr gefehlt. Und so geht es Millionen von Menschen. Das bedeutet der Sport uns allen. Als Fan, wie als Aktiver.

Herzlichen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und bleiben Sie gesund.