Die Olympischen Spiele von Saarbrücken aus erleben!

Sportstiftung Saar, SaarSport-Magazin, SPORTCAMPUS SAAR, LSVS

Die Olympischen Sommerspiele 2024 finden, voraussichtlich vom 26. Juli bis 11. August, in Paris statt.

Also von Saarbrücken aus mit dem Zug in deutlich unter zwei Stunden erreichbar. So nah rückt das wichtigste Sport-Event der Welt wohl nicht wieder an das Saarland heran. Den hiesigen Spitzenathleten bietet sich demnach die einmalige Chance, sich für Olympische Spiele vor der eigenen Haustür zu qualifizieren. Darüber hinaus kann das ganze Saarland diese Gelegenheit nutzen, um sich im Fokus der Weltöffentlichkeit von seiner besten Seite zu präsentieren. Die zentraleuropäische Lage könnte den Sportstandort Saarbrücken mit dem Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz/Saarland für Verbände und Sportler aus aller Welt als Vorbereitungsquartier für die Spiele in Paris, aber perspektivisch als Dreh- und Angelpunkt ihrer internationalen Wettkämpfe in Europa interessant machen.

Das haben die Verantwortlichen beim Landessportverband für das Saarland (LSVS) längst erkannt. Allen voran der für die Vermarktung zuständige Vorstand Johannes Kopkow. Unterstützung erfahren er und sein für die Finanzen zuständige Vorstandskollege Joachim Tesche von dem früheren Weltklasse-Schwimmer und Vorsitzenden der Sportstiftung Saar, Prof. Dr. Klaus Steinbach. „Olympia im Saarland zu Gast zu haben, ist etwas ganz Besonderes“, weiß Kopkow und nennt zwei Perspektiven, auf die die Vorbereitungen des LSVS abzielen: Zum einen sollen sich die eigenen Sportlerinnen und Sportlern in Saarbrücken bestmöglich auf die Spiele vorbereiten können. Zum anderen sollen die Spitzenathleten aus aller Welt den Standort kennenlernen „und sich so wohlfühlen, sodass sie ihn auch über die Spiele hinaus nutzen möchten, um sich hier für internationale Wettkämpfe vorzubereiten. Wenn wir das schaffen, haben wir für unseren kleinen Standort etwas Großes erreichen können“, sagt Kopkow. Auch Prof. Dr. Klaus Steinbach weiß: „Dann rücken wir von einer bundesdeutschen Randbetrachtung in eine europäische Zentralbetrachtung.“

Um die internationalen Verbände und ihre Spitzensportler an die Hermann-Neuberger-Sportschule nach Saarbrücken zu locken, braucht es ein schlüssiges Konzept, das die Vorteile der Landessportschule herausstellt. Mit Blick auf die Olympischen Spiele in Paris, aber auch darüber hinaus rücken insbesondere Athletinnen und Athleten aus Übersee, vorwiegend Asien, Ozeanien, Südamerika und Afrika in das Blickfeld. Sie können sich im Vorfeld internationaler Wettkämpfe in Europa im Saarland akklimatisieren, also von der Zeitumstellung erholen und unter klimatischen Bedingungen wie sie auch an den Wettkampfstätten herrschen, intensiv auf die anstehenden Aufgaben vorbereiten. Und zwar nicht nur im unmittelbaren Zeitraum vor den olympischen Wettkämpfen, sondern auch in den Monaten und Jahren davor im Rahmen von Lehrgängen, Trainingslagern und ähnlichem.

Die Vorteile des Standortes in Saarbrücken liegen für Kenner auf der Hand: „Die Sportler können hier ihr Leben verbringen: Sie können hier nicht nur trainieren, sie können hier essen, schlafen, zur Schule oder zum Studium gehen, haben medizinische und physiotherapeutische Versorgung vor Ort. All das gibt es auf so engem Raum in Deutschland nicht noch einmal“, weiß Johannes Kopkow. Prof. Dr. Steinbach sieht das ähnlich: „Wer schon einmal andere Stützpunkte gesehen hat, weiß, wie hochwertig unserer ist. Ich persönlich kenne keinen Olympiastützpunkt, bei dem alles so nah beieinanderliegt und fußläufig erreichbar ist.“ Steinbach, von 2003 bis 2017 Mitglied der medizinischen Kommission des IOC und seit 2009 Vorsitzender der entsprechenden europäischen Kommission, weiß, wie man bei Funktionären aus aller Welt punkten kann: „Es ist alles da, was man braucht. Hier ist es ruhig, was es ermöglicht, sich voll auf das Training und die Vorbereitung zu fokussieren. Andererseits ist aber auch die Stadt nicht weit für jene, die etwas Ablenkung brauchen.“ Darüber hinaus wisse man in der gut vernetzten Sportwelt, „dass wir in Deutschland sehr gut organisiert sind und Rahmenbedingungen schaffen, die verlässlich sind“, merkt Steinbach an und ist sicher, dass von den internationalen Spitzenathleten, die sich künftig vermehrt an der Sportschule tummeln sollen, auch der saarländische Spotnachwuchs ganz konkret profitieren würde: „Diese Topleute würden temporär als Trainingspartner zur Verfügung stehen, was natürlich ein zusätzlicher Anreiz und Motivation für unsere Athletinnen und Athleten bieten würde.“ „Dies alles gilt genauso für die Paralympischen Spiele an gleicher Stelle“, ergänzt Kopkow: „Vielleicht schaffen wir es ja auch, dass Sportarten wieder in den Fokus rücken, die dort sonst nicht so häufig sind.“

Damit dieser Plan aufgeht, muss der LSVS gute Vorarbeit leisten. Johannes Kopkow weiß, was noch zu tun ist: „Jeder, der sich auf die Olympischen Spiele vorbereitet, möchte Bedingungen vorfinden, die möglichst nah an dem sind, wie sie in Paris herrschen werden“, sagt er und erklärt: „Der Tischtennisspieler möchte beispielsweise die gleichen Bälle, die gleichen Tischtennisplatten und den gleichen Bodenbelag wie in Paris hier vorfinden. Also benötigen wir die entsprechenden Voraussetzungen und Geräte.“ Das gelte insbesondere für die hier angesiedelten Bundesstützpunkt- und Kernsportarten Badminton, Ringen, Triathlon, Leichtathletik, Schwimmen und eben Tischtennis. Prof. Dr. Steinbach erinnert in diesem Zusammenhang an das Drama um Speerwerfer Johannes Vetter bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021. Die Goldmedaillen-Mission des früheren Athleten des SV Saar 05 Saarbrücken, der zwischenzeitlich mit seinem Trainer Boris Obergföll (früher: Henry) in Saarbrücken trainierte, scheiterte letztlich am ungewohnten Bodenbelag in Tokio. Als Topfavorit gestartet, hatte Vetter große Probleme mit dem speziellen Belag, dessen Verwendung vorab nicht offen kommuniziert wurde. „Von daher hoffen wird, dass dies in Paris anders gehandhabt wird und wir vorher wissen, welche Materialien, Bodenbeläge und Geräte vor Ort verwendet werden“, betont Steinbach.

Darüber hinaus gibt sich der LSVS eine weitere Hausaufgabe, die schnellstmöglich erledigt werden muss: Das Leichtathletik-Stadion inklusive Hoch- und Weitsprunganlagen wird rundum erneuert, um die nötigen Standards zu erreichen. „Diese Investition ist nachhaltig, weil natürlich unsere eigenen Athleten und insbesondere die Nachwuchssportler hiervon profitieren“, stellt Johannes Kopkow klar. Die dafür nötigen finanziellen Mittel sollen über eine möglichst optimale Ausschöpfung der Förderprogramme von Bund und Land, aber auch von der Europäischen Union generiert werden. Klar ist: „Spätestens im Frühjahr 2023 muss das, was wir abdecken wollen, bereitstehen“, sagt Steinbach.

Es ist also Eile geboten. Schon seit ihrem Amtsantritt am 1. Februar 2021 beschäftigt die Vorstände Johannes Kopkow und Joachim Tesche neben der laufenden Konsolidierung des LSVS das Thema Olympia im – beziehungsweise gleich neben dem Saarland. „Für uns ist es zunächst wichtig, die Zielgruppen zu identifizieren, um sie über die entsprechenden Kanäle aktiv ansprechen zu können“, erklärt Kopkow und meint auch das Aktivieren und Nutzen von Netzwerken – auch in die Landespolitik. Bisher ist man dort von allen Seiten auf offene Ohren gestoßen: „Allen ist klar, dass es eine solche Chance nicht wieder geben wird“, berichtet Kopkow, der den Akteuren neben finanziellen auch ideelle Erträge in Aussicht stellt: „Dadurch, dass wir in die Infrastruktur investieren, schaffen wir Nachhaltigkeit, mit der wir unsere Bundesstützpunkte sichern und auch dafür werben können, weitere Bundesstützpunkte hierherzuholen. Denkbar wären Sportarten wie Taekwondo, Tischtennis oder Mountainbike, was auch den Olympiastützpunkt stärken würde.“

Neben der Landespolitik, die sich mit einer Profilierung des Saarlandes als international hochwertiger Sport-Standort im Zentrum von Europa sicher gut arrangieren kann, müssen weitere Gesprächspartner gefunden werden, die das Konzept des LSVS mittragen und fördern wollen. Hinzu kommen internationale Sportverbände, das Lokale Organisations-Komitee von Paris 2024, die Nationalen Olympischen Komitees der möglichen Kooperationspartner sowie allen voran der DOSB und das Internationale Olympische Komitee (IOC). Im Rahmen des jährlich in Saarbrücken ausgetragenen Weltklasse-Badmintonturniers „HYLO Badminton Open“ des 1. BC Saarbrücken-Bischmisheim waren gleich zwei hochrangige IOC-Mitglieder zugegen – und von der Organisation des Turniers begeistert: Khun Ying Patama Leeswadtrakul aus Thailand, die auch BWF-Vizepräsidentin ist und ihr für den Bereich Organisation zuständige Ehemann Somsak Leeswadtrakul. Den dort geknüpften Gesprächsfaden konnten die Verantwortlichen bereits wieder aufgreifen.

„Es kommt jetzt darauf an, ob das, was wir uns vorgenommen haben und präsentieren wollen, auf fruchtbaren Boden fällt“, fasst Prof. Dr. Klaus Steinbach zusammen und ergänzt: „Wir wollen uns nicht verzetteln und zu anspruchsvoll werden, aber wir sind motiviert, hier ein interessantes Angebot vorzulegen. Spätestens 2025 sehen wir, ob und was es uns gebracht hat.“

Text: Sebastian Zenner