Unter dem Titel „Sport im Dialog – Nachhaltigkeit und Inklusion“ hatte der LSVS, Abteilung Sport und Gesellschaft, Vereins- und Verbandsvertreter eingeladen, sich in einem offenen Dialog auszutauschen. Zwei Fachvorträge lieferten zum Einstieg vielfältige Impulse zu beiden Themen.
Nachhaltigkeit im Sport
Yannick Burstert von der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 – Netzwerk Nachhaltigkeit in NRW zeigte in seinem Vortrag das große Potential auf, das der organsierte Sport für die Entwicklung nachhaltiger Strukturen entfalten kann. Nachhaltigkeit im Sport – von ersten Schritten zur Strategie war der Titel seines Vortrags. Der Sport- und globale Entwicklungswissenschaftler beschäftigt sich intensiv mit der sozial-ökologischen Wirtschafts- und Gesellschaftstransformation. Yannik Burstert: „Der Breitensport hat in den vergangenen Jahren wichtige Schritte zu einer nachhaltigeren Sportausübung unternommen und es gibt eine Vielzahl ausgezeichneter Projekte.“ Nachhaltigkeit würde in Vereinen und Verbänden bereits oft punktuell umgesetzt. Ein Hauptantrieb für nachhaltiges Handeln sei der Kosten-Nutzen-Faktor. Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement sei entscheidend. Eine große Herausforderung sei die Finanzierung, Kommunikation und das Ehrenamt. Besonders müssten alte Denkmuster und Hierarchien durchbrochen werden, um innovativen Ideen den Weg zu ebnen.
Nachhaltigkeit im Sport durch inklusive Werte und ihre Umsetzung
„Nachhaltigkeit im Sport – durch inklusive Werte und ihre Umsetzung“ war das Thema des Vortrags von Thomas Abel von der Deutschen Sporthochschule Köln. „Inklusion heißt Vielfalt willkommen heißen. Inklusion ist kein freundlich gegönntes Geschenk, sondern geltendes Recht der UN-Behindertenrechtskonvention“, so der Universitätsprofessor. Er zeigte die Diskrepanz von sportlicher Aktivität von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung auf. 32 Prozent der Menschen ohne Beeinträchtigung würden keiner sportlichen Aktivität nachgehen. Bei Menschen mit Beeinträchtigung läge die Zahl bei 55 Prozent. Dabei sei Sport ein ideales Feld, Teilhabe nachhaltig zu erlernen und zu leben. Potentiale sind bedeutsam, weniger die Limitierungen. Begegnung schafft Haltung – nachhaltig. Die Special Olympics Nationalen Spiele 2026 im Saarland sieht Thomas Abel als eine große Chance, die auf den kommunalen Ebenen arbeitenden Menschen zu verändern. Denn: „Diese fangen im Zuge der Spiele damit an, sich mit dem Thema Inklusion zu beschäftigen. Diese Bewegung schafft Veränderung.“ Der Sportwissenschaftler empfiehlt den Fokus darauf zu richten, was schon funktioniert und potentialorientiert zu arbeiten: „Lassen sie uns nicht schauen, was nicht funktioniert, sondern darauf besinnen, was gut ist und dann zu schauen, was verschoben werden muss.“ Als positive Beispiele führt er aus seinem Umfeld das Sportstudium eines Studenten mit einer Beeinträchtigung an und die eigene Teilnahme an einer inklusiven Staffel im Rahmen des bekannten Köln-Marathons, den er gemeinsam mit einem Läufer mit Beeinträchtigung absolviert hatte. Der Sport sei ein ideales Feld, um Teilhabe zu lernen und zu erleben.
Diskussionsrunden an Thementischen
Nach den Impulsvorträgen waren die Teilnehmenden an der Reihe. An zwei Thementischen gingen sie untereinander und mit den beiden Referenten in einen intensiven Austausch über die Themen Nachhaltigkeit und Inklusion. Dabei hatte jeder die Gelegenheit aus seinem eigenen Umfeld zu berichten, Probleme zu schildern und mögliche Lösungen zur Diskussion zu stellen.
Es kristallisierte sich heraus, dass aktuell in den Vereinen noch kein breites Verständnis für Nachhaltigkeit herrsche. Die Infrastruktur zum Beispiel für eine nachhaltige Anreise zu den Sportstätten ließe noch viele Wünsche offen. Auch die umständliche Bürokratie würde viele abschrecken, nachhaltige Themen anzupacken und im Verein zu verankern. „Um im Verein Mitstreiter und Mitdenker zu finden, die das Thema Nachhaltigkeit mit anpacken, ist es für die Überzeugungsarbeit wichtig zu wissen, wie viel man spart mit gezielten Maßnahmen der Nachhaltigkeit. Das kann man gut kommunizieren und andere für das Thema begeistern“, so Entwicklungswissenschaftler Yannick Burstert.
Die Mobilität war an beiden Thementischen ist ein großes Thema. „Das größte Problem für uns ist die Mobilität. Es ist schwer Fahrgemeinschaften zu finden, die einen beeinträchtigen Menschen mitnehmen. Das wäre für mich schon eine große Erleichterung, wenn ich hier Unterstützung bekäme. Eine Art Patenschaft im Verein, um meinen Sohn zu transportieren, wäre vielleicht eine Lösung“, so die Schilderung eine Teilnehmerin. „Hier muss ein Umdenken stattfinden. Viele Menschen haben keine Berührung mit Menschen mit Beeinträchtigung. Man muss wissen, es könnte jeden treffen. Nur drei Prozent der Beeinträchtigungen sind genetisch bedingt. Das ist vielen nicht bewusst. Es geht nicht um Almosen, die wir einfordern, sondern um ein Miteinander gegenseitiger Unterstützung“, ergänzt eine andere Teilnehmerin. Die Gruppe stimmt Referent Thomas Abel zu, dass Bewegung großes Potential hat, Begegnung zu fördern, die nach wie vor großen ‚Hemmschwellen abzubauen und eine Kultur der Offenheit zu schaffen. „Wir müssen die Menschen in den Vereinen sensibilisieren für das Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Wir wollen das Vereinswesen inklusiver machen und dazu gehören auch Antworten auf die Fragen von Mobilität, wie die Menschen zu den Angeboten kommen. Die Lebenshilfe macht da schon viel und hält Vorträge bei Mitgliederversammlungen in den Vereinen“, berichtet Anne Kiefer vom Projekt „Inklusion vor Ort“ im Landkreist St. Wendel.
„Man muss weiterblicken und den Mut haben, mit Menschen mit Beeinträchtigung zu arbeiten“, sagte Yvonne Hellenbrand nach der Veranstaltung. Sportwissenschaftler Thomas Abel fasste abschließend seine persönlichen Erfahrungen in einem Satz zusammen: „Das Miteinander von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung sowohl im beruflichen Umfeld als auch in meiner Freizeit bereichert mein Leben. Ich profitiere seit 30 Jahren davon.“

