Auch Vereine müssen zukünftig grundsätzlich die Anlage „EÜR“ einreichen!

Oder: Übergangsregelung des Bundesministeriums der Finanzen läuft aus!

Seit dem Jahr 2004 besteht die grundsätzliche Pflicht zur Abgabe der Anlage „EÜR“. Seit 2006 mussten Vereine und Verbände, welche lediglich nach § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG) eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen, ihrer Steuererklärung eine Gewinnermittlung nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck „EÜR“ aber nur beifügen, wenn ihre Betriebseinnahmen über 17.500 EUR lagen (BMF-Schreiben v. 21.09.2006, Az. IV A 7 - S 1451 - 46/06). Diese Regelung läuft nun aus. Ab dem Steuerjahr 2017 gilt diese Ausnahmeregelung nicht mehr (BMF-Schreiben v. 09.10.2017, Az. IV C 6 -S 2142/16/ 10001 :011).

Ab dann hat jeder Verein oder Verband für jeden seiner Betriebe eine separate Anlage „EÜR“ durch  atenfernübertragung an die Finanzverwaltung zu übermitteln (§ 60 Abs. 4 Satz 1 Einkommenssteuerdurchführungsverordnung - EStDV).

Das gilt für wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke als von der Finanzverwaltung als steuerbegünstigt anerkannte Vereine oder Verbände aber nur, wenn deren Einkünfte im wirtschaftlichen  Geschäftsbetrieb die Grenze des § 64 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) in Höhe von 35.000 EUR in dem betreffenden Steuerjahr überschreiten.

Legen zur Abgabe der Anlage „EÜR“ verpflichtete Vereine und Verbände die ausgefüllte Anlage nicht vor, kann dies von Seiten der Finanzverwaltung mittels Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist hingegen nicht möglich, weil die Anlage „EÜR“ kein Teil der Steuererklärung ist. Zusätzlich zu der ausgefüllten dreiseitigen Anlage „EÜR“ muss die individuelle Gewinnermittlung des Vereins oder Verbands nicht automatisch beigefügt werden. In Einzelfällen kann dies aber zur individuellen Erläuterung der für die Anlage EÜR ermittelten Zahlen sinnvoll sein.

Beim Ausfüllen der Anlage „EÜR“ muss beachtet werden, dass eine Überleitung der Daten aus der Buchführung des Vereins oder Verbands in die Anlage „EÜR“ in vielen Fällen nicht einfach „per Knopfdruck“ möglich ist. Denn besonders die für steuerliche Zwecke ermittelten Angaben über nicht abziehbare Betriebsausgaben wie z.B. Aufwendungen für die Bewirtung moder für Geschenke werden in der Anlage „EÜR“ detailliert verlangt.

Ebenfalls betroffen sind die Angaben über die Bildung und Auflösung von Rücklagen bzw. Ansparabschreibungen sowie die Ermittlung des Privatanteils beim Pkw. Besonders sind auch die Angaben zu Schuldzinsen und der Abzugsbeschränkung infolge von Überentnahmen zu beachten. Spätestens ab sofort sollte man deshalb prüfen, ob es sinnvoll ist, bereits bei der laufenden Buchführung des Vereins oder Verbands die Anforderungen der Anlage „EÜR“ zu berücksichtigen.

Auf Antrag kann das Finanzamt entsprechend § 150 Abs. 8 AO in Härtefällen auf die Übermittlung der standardisierten Einnahmenüberschussrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten (BMF-Schreiben v. 09.10.2017, Az. IV C 6 -S 2142/16/ 10001 :011).

Fazit: Der Vorstand sollte umgehend prüfen, ob der entsprechende Verein oder Verband von der Finanzverwaltung wegen der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke als steuerbegünstigt anerkannt ist und ein dies bestätigender gültiger Freistellungsbescheid vorliegt. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, hat der Verein für das Steuerjahr 2017 die Anlage „EÜR“ verbindlich einzureichen. Ist der Verein oder Verband im obigen Sinne steuerbegünstigt, dann muss geprüft werden, ob die Einnahmen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb 35.000 EUR übersteigen. Sofern das gegeben ist, muss auch ein solcher Verein oder Verband die Anlage „EÜR“ einreichen.

Stand: 09.11.2017

Rechtsanwalt Patrick R. Nessler ist Inhaber der RKPN.de-Rechtsanwaltskanzlei Patrick R. Nessler, St. Ingbert. Er ist tätig auf den Gebieten des Vereins-, Verbands- und Stiftungsrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts sowie des Kleingartenrechts. Außerdem unterrichtet er als Rechtsdozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen, u.a. an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, und für eine ganze Reihe von Organisationen.

Rechtsanwalt Nessler ist Justiziar des Landessportverbandes für das Saarland und ehrenamtlich tätig in verschiedenen Gremien des Deutschen Betriebssportverbandes. Seit 2004 ist er bereits dessen Generalsekretär. Darüber hinaus ist er der Fach-Experte für Rechtsfragen bei der Landesarbeitsgemeinschaft Pro Ehrenamt, Mitglied der Arbeitsgruppe Recht sowie des wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und Verbandsanwalt des Landesverbandes Saarland der Kleingärtner, Mitglied der Kommission „Finanzen“ des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V., Mitglied des Ausschusses „Recht und Satzung“ des Landessportbundes Berlin e.V. u.a.


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