Konferenz der Landessportbünde kritisiert Sportpolitik der Bundesregierung

LSVS

Die 16 Landessportbünde nehmen mit großer Sorge wahr, dass die zentralen sportpolitischen Großprojekte der Bundesregierung vor dem Scheitern stehen.

Durch unentschlossenes, unklares und unverbindliches Verhalten verspielt die Bundesregierung im Jahr der Olympischen und Paralympischen Spiele das Vertrauen des organisierten Sports.Die Konferenz der Landessportbünde hat anlässlich ihrer Tagung am 15./16. März 2024 in Berlin eine sportpolitische Bilanz der  Bundesregierung gezogen.

Beteiligungsprozesse unter großem Ressourceneinsatz geführt

Die Bundesregierung ist im November 2021 mit dem Versprechen gestartet, sich sportpolitisch  insbesondere  

1. der Erarbeitung eines „Entwicklungsplans Sport“ unter breiter Beteiligung sowie der Ausweitung  der Offensive für Investitionen in Sportstätten von Kommunen und Vereinen,  
2. der Einrichtung einer unabhängigen Instanz zur Mittelvergabe sowie der Schaffung von  besseren Rahmenbedingungen für den Spitzensport,
3. dem Aufbau eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport für den Kampf gegen physische,  psychische und insbesondere sexualisierte Gewalt im Sport sowie
4. der Unterstützung von zukünftigen Bewerbungen für Sportgroßveranstaltungen aus  Deutschland wie Olympische und Paralympische Spiele zu widmen.  

Die Beteiligungsprozesse entsprechen in keiner Weise der gesellschaftlichen Bedeutung des Sports.  An diesen kritisieren die Landessportbünde insbesondere, dass vereinbarte Ergebnisse aus  Arbeitsgruppen vom Bundesinnenministerium ignoriert wurden, Absprachen nicht eingehalten wurden  sowie nicht konsentierte Aussagen als angeblich gemeinsam erarbeitete Ergebnisse dargestellt wurden. Mit den bislang vorliegenden Ergebnissen fällt die Bundesregierung hinter die im  Koalitionsvertrag gesteckten Ziele zurück. Angesichts der umfangreichen ehrenamtlichen und  hauptberuflichen Ressourcen, die der organisierte Sport hier eingebracht hat, ist die Bilanz für ihn  eine herbe Enttäuschung und eine Diskreditierung der Arbeit der beteiligten Vertretungen.

Sportentwicklungsplan gescheitert, ressortübergreifende Potentiale des Sports nicht genutzt

Das Scheitern des „Entwicklungsplans Sport“ aufgrund mangelnder Verbindlichkeit und  Verantwortungszuweisungen ist eine vertane Chance, den Sport auf Bundesebene endlich  ressortübergreifend zu unterstützen und die Potentiale des DOSB und seiner Mitglieder für  gesundheitspolitische, sozialpolitische und weitere Anliegen der Bundespolitik zu nutzen.

Entwurf des Sportfördergesetzes verfehlt die gesetzten Ziele  

Die Landessportbünde haben bereits im Oktober 2022 Vorschläge zur strategischen Neuausrichtung  der Leistungssportförderung veröffentlicht. Sowohl die Koalitionsparteien auf Bundesebene über den  Koalitionsvertrag im Jahr 2021 als auch die Bundesländer in zwei außerordentlichen Sitzungen der  Sportministerkonferenzen im April und August 2022 haben wesentliche Optimierungspotentiale  identifiziert. Basierend auf diesem Konsens für Reformen ist in einem umfangreichen  Beteiligungsprozess ein Konzept erarbeitet worden, welches das gemeinsame Interesse von Sport  und Politik dokumentiert. Eckpunkte dieses gemeinsamen Interesses müssen nach wie vor sein:
• Die Bündelung der rechtlichen Grundlagen für die Spitzensportförderung des Bundes in einem  Sportfördergesetz, welches die Sportförderung auch überjährig sichert und Planungssicherheit  schafft.
• Der Ersatz der komplizierten Verwaltungswege zwischen BMI, DOSB, Bundesverwaltungsamt  auf der einen Seite und den Verbänden und Leistungsstützpunkten als Förderempfängern auf  der anderen Seite durch Schaffung einer Leistungssportagentur, die unmittelbar und bilateral  Förderungen mit den Förderempfängern abwickelt.
• Die Ausstattung der vorgenannten Agentur mit einem starken hauptberuflichen Vorstand, der  nur dem Erfolg verpflichtet ist und seine Förderentscheidungen auf Basis eines von ihm  entwickelten Fördersystems unter Aufsicht eines Aufsichtsrats vergibt.

Diese Ziele werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht erreicht. Es droht vielmehr ein  Rückschritt:
• Der Entwurf enthält keine Aussagen zur Verbindlichkeit der Spitzensportförderung des Bundes.  Er schafft keine Planungssicherheit seitens der Bundesregierung.
• Dem Dreieck von BMI, DOSB und Bundesverwaltungsamt würde mit der Agentur lediglich ein  weiterer Akteur hinzugefügt werden. Das bedeutet zusätzlichen Verwaltungsaufwand und damit  auch zusätzliche Personal- und Sachkosten ohne Mehrwert für die deutschen  Spitzensportler*innen, die Sportverbände und die Leistungsstützpunkte.
• Dem Stiftungsrat als Aufsichtsrat werden weitgehende sportfachliche Aufgaben zugeschrieben,  die den vorgesehenen Stiftungsvorstand im schlechtesten Fall zum reinen Erfüllungsgehilfen  degradieren.

Landessportbünde sprechen sich entschieden gegen den Gesetzesentwurf aus

Der Entwurf widerspricht dem Grundsatz der Autonomie des Sports. Schon derzeit erlebt der Sport in  der Spitzensportförderung eine Überregulierung, die Leistung verhindert und im Vergleich zur  Gestaltung anderer Förderbereiche des Bundes wie z. B. Kultur und Medien unverhältnismäßig ist.  Dieser Status würde bei Umsetzung des vorliegenden Entwurfes endgültig zementiert. Die Landessportbünde sprechen sich deshalb entschieden gegen den vorliegenden Gesetzesentwurf  aus. Sie stellen sich dabei geschlossen an die Seite des DOSB, als starken Dachverband und  bundespolitischen Interessenvertreter des organisierten Sports.  Gleichzeitig sind sich die Landessportbünde ihrer Verantwortung für das Leistungssportsystem  bewusst und werden sich weiterhin konstruktiv in dessen Ausgestaltung einbringen. Insbesondere die  zwischen Bund, Ländern und organisiertem Sport konsentierten übergeordneten Ziele der  Spitzensportreform, nämlich die Spitzensportförderung und -steuerung in Deutschland gleichzeitig  einfacher und effizienter zu gestalten, gilt es im Sinne der Athletinnen und Athleten sowie der  Sportorganisationen konsequent weiterzuverfolgen. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Vertretung  des organisierten Sports in den Ländern werden die Landessportbünde für diese Anliegen werben.

Berlin, den 15. März 2024

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